Letzte Sitzungswoche des Deutschen Bundestages in 2023

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Es geht in den Endspurt. In der letzten Sitzungswoche des Deutschen Bundestages in diesem Jahr wurden nochmal eine Reihe wichtiger Beschlüsse für unser Land gefasst. Stichworte sind der Nachtragshaushalt 2023, die weitere Digitalisierung unseres Gesundheitswesens sowie die Einsetzung des neuen Polizeibeauftragten.

Alle Infos zu den wichtigsten Themen der Sitzungswoche finden sich im Folgenden: 

Nachtragshaushalt 2023

In dieser Woche beraten wir den Nachtragshaushalt für 2023 abschließend und setzen zugleich die Schuldenbremse für 2023 erneut aus. Beides ist notwendig, um den diesjährigen Bundeshaushalt als Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15. November 2023 verfassungskonform zu machen. So sichern wir für das laufende Jahr nicht zuletzt die Hilfen für

Verbraucher und Unternehmen ab, die wir zur Bewältigung der Energiekrise nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ergriffen haben. Auch die Hilfen für die Flutgebiete im Ahrtal gehören dazu.
Das BVerfG hatte den zweiten Nachtragshaushalt für 2021 für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Das betrifft unmittelbar den Klima- und Transformationsfonds (KTF), dem mit dem Nachtragshaushalt 2021 60 Milliarden Euro zugeführt wurden und zwar aus Kreditermächtigungen zur Bewältigung der Corona-Krise, die nicht in Anspruch genommen wurden. In mittelbarer Konsequenz des Urteils sind aber auch andere Fonds, wie der Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds (WSF) und der Aufbauhilfefonds 2021 (für die Flutschäden), davon betroffen. Deshalb sind Änderungen an den Sondervermögen notwendig, um ihre Finanzierung für 2023 rechtssicher zu machen.

Der Nachtragshaushalt 2023 schafft die Grundlage für die zusätzlichen Kreditermächtigungen in Höhe von 44,8 Milliarden Euro. Das ist mehr als die Schuldenbremse zulässt. Um sie erneut auszusetzen, muss der Bundestag zuvor feststellen, dass weiterhin eine außergewöhnliche Notsituation besteht. Diese Notlage liegt aufgrund der humanitären, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine vor und beeinträchtigt die staatliche Finanzlage.
Der Nachtragshaushaltsentwurf sieht für 2023 nun Ausgaben von 461,21 Milliarden Euro vor. Nicht mehr enthalten sind zehn Milliarden Euro für die „Generationenrente“, also das verzinsliche Darlehen für den Aufbau eines Kapitalstocks zur Stabilisierung der Beitragssatzentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung.

Auch für den Haushalt 2024 bringt das Urteil des BVerfG wesentlichen Anpassungsbedarf mit sich, weshalb dieser erst Anfang 2024 verabschiedet wird.

 

Elektronische Patientenakte und E-Rezept

In dieser Woche beraten wir den Entwurf des Digital-Gesetzes der Bundesregierung abschließend. Die bereits 2021 eingeführte elektronische Patientenakte (ePA) soll weiterentwickelt werden und ab 2025 allen gesetzlich Versicherten zur Verfügung stehen. In der ePA sind Befunde und Informationen aus Untersuchungen und Behandlungen digital gespeichert. Die Versicherten entscheiden weiterhin selbst über ihre gesundheitsbezogenen Daten.

Die ePA wird von den Krankenkassen als App und als Desktopvariante bereitgestellt. Patienten können ihre ePA mit Dokumenten, Arztbriefen, Befunden etc. auch selbst befüllen. Die ePA enthält auch eine digitale Medikationsübersicht. In enger Verknüpfung mit dem E-Rezept können so Wechselwirkungen von Arzneimitteln vermieden werden.

Alle Daten werden verschlüsselt abgelegt. Nur Versicherte können sie einsehen sowie Ärzte, wenn die Versicherten sie hierfür freischalten. Wer die ePA nicht nutzen möchte, kann dem widersprechen („Opt-out“). Auch für privat Versicherte gibt es eine widerspruchsbasierte ePA, sofern die jeweilige private Krankenversicherung diese anbietet.

Mit dem Digital-Gesetz wird zudem das E-Rezept weiterentwickelt. Ab 1. Januar 2024 wird es flächendeckend etabliert und seine Nutzung per Gesundheitskarte und ePA-App deutlich einfacher.
Darüber hinaus können digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) auch für komplexere Behandlungen genutzt werden. Damit die Telemedizin noch stärkerer Bestandteil der Gesundheitsversorgung wird, heben wir die bisher geltende Begrenzung der Videosprechstunden auf. Mit der assistierten Telemedizin in Apotheken wird außerdem ein niedrigschwelliger Zugang zur Versorgung geschaffen.

 

Gesundheitsdaten für Forschungszwecke nutzen

Wir wollen bessere Forschung im Gesundheitswesen. Forschung braucht aber Daten. Deshalb erleichtern wir die gemeinwohlorientierte Nutzung von Gesundheitsdaten für Forschungszwecke. Geplant ist, unter anderem eine Gesundheitsdateninfrastruktur mit einer Datenzugangs- und Koordinierungsstelle aufzubauen. Den entsprechenden Entwurf des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes der Bundesregierung beraten wir in dieser Woche in abschließend.

Die Zugangsstelle soll bürokratische Hürden abbauen und als Anlaufstelle für Datennutzende fungieren, bei der erstmalig Daten aus verschiedenen Datenquellen miteinander verknüpft werden können.

Die Datenschutzaufsicht für länderübergreifende Forschungsvorhaben im Gesundheitswesen soll zusammengefasst, deutlich erleichtert und durch ein Landesdatenschutzbeauftragten koordiniert werden.

Das Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wird weiterentwickelt. Bei Anträgen auf Forschungsdatennutzung ist künftig nicht mehr ausschlaggebend, wer beantragt, sondern wofür. Entscheidend sind also die im Gemeinwohl liegenden Nutzungszwecke.

Ob sie Daten aus ihrer elektronischen Patientenakte (ePA) für bestimmte Zwecke freigeben, können Versicherte über ein Opt-Out-Verfahren entscheiden. Dazu wird eine einfache Verwaltung der Widersprüche eingerichtet, damit Patient:innen über die Freigabe ihrer Daten für die Forschung entscheiden können.

Kranken- und Pflegekassen sollen künftig Routinedaten, die etwa bei der Abrechnung von Leistungen entstehen, auswerten dürfen, wenn dies nachweislich dem individuellen Gesundheitsschutz der Versicherten dient, zum Beispiel der Arzneimitteltherapiesicherheit, der Erkennung von Krebserkrankungen oder von seltenen Erkrankungen.

 

Polizeibeauftragten beim Deutschen Bundestag einsetzen

Wir beraten in dieser Woche abschließend den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Einrichtung einer oder eines Polizeibeauftragten des Bundes und schaffen damit etwas Neues. Die oder der Polizeibeauftragte des Bundes wird für die Beschäftigten des Bundeskriminalamts (BKA), der Bundespolizei und der Polizei des Deutschen Bundestages zuständig sein. Sie oder er wird aber auch für Bürger Ansprechpartner sein, wenn diese durch ein Fehlverhalten der genannten Polizeien betroffen sind und die Beschwerde auf ein strukturelles Problem innerhalb dieser Behörden schließen lässt. Die oder der Beauftragte für die Polizeien des Bundes wird eine Anlaufstelle beim Deutschen Bundestag mit Akteneinsichts- und Zutrittsrechten.

Diese neue Position tritt ergänzend neben die existierenden behördeninternen Verwaltungsermittlungen und die Möglichkeiten des Disziplinar- oder Arbeitsrechts sowie den justiziellen Weg vor die Gerichte. Damit werden die Handlungsoptionen der Betroffenen erweitert, das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei gestärkt und den Beschäftigten selbst eine Möglichkeit gegeben, sich vor möglicherweise ungerechtfertigten Anschuldigungen zu schützen.

 

Weg frei für mehr Photovoltaik

Im Mai 2023 hat die Bundesregierung eine in einem breiten Stakeholder-Prozess erarbeitete Photovoltaik-Strategie beschlossen und darin Potenziale von Photovoltaik (PV) in Deutschland identifiziert. Viele der in der Strategie aufgelisteten Maßnahmen zur Ausschöpfung dieser Potenziale sollen mit dem Solarpaket I umgesetzt werden.

Im Oktober hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften in den Bundestag eingebracht. Die Maßnahmen zielen darauf ab, den Ausbau von PV-Anlagen auf Dächern, an Gebäuden sowie auf Freiflächen zu erleichtern. Derzeit wird über das umfangreiche Paket im Ausschuss noch beraten. Da einige Maßnahmen des Pakets zeitkritisch sind, weil sie ansonsten teils sehr hohe Strafzahlungen (Pönalen) für Anlagenbetreiber nach sich ziehen würden, müssen diese noch in diesem Jahr beschlossen werden. Deshalb wird bereits in dieser Woche ein Teil des Gesetzentwurfs in 2./3. Lesung beraten und beschlossen.

Der Teilbeschluss sieht vor, die Frist zur Einrichtung der bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung für Windkraftanlagen um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2024 zu verlängern. Ansonsten würden für diejenigen Anlagenbetreiber, die solche Geräte noch nicht installiert haben, Pönalen ab dem 1. Januar 2024 an die Verteilnetz- und Übertragungsnetzbetreiber anfallen. Des Weiteren ist vorgesehen, die Pönalen für Verstöße gegen die verpflichtende Direktvermarktung für Anlagen mit einer installierten Leistung ab 100 Kilowatt (kW) um sechs Monate auszusetzen, die sonst ebenfalls ab dem 1. Januar 2024 anfallen würden. Zudem werden die Realisierungs- und Pönalfristen für Windenergieanlagen um sechs Monate verlängert, weil diese oft aufgrund von unverschuldeten Lieferkettenverzögerungen nicht eingehalten werden können.