Erste Sitzungswoche im neuen Jahr.

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In der ersten Sitzungswoche des Deutschen Bundestages im neuen Jahr 2024 stehen erneut entscheidende Themen auf der Tagesordnung. Es geht unter anderem um den Bundeshaushalt für das laufende Jahr, eine vernünftige Agrarpolitik für die Zukunft und eine nationale Wasserstoffinfrastruktur.

Alle Infos zu den Themen der Sitzungswoche finden sich im Folgenden:

Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024

Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 musste bereits der Haushalt 2023 durch einen Nachtragshaushalt angepasst werden, aber auch für den Haushalt 2024 und die Folgejahre ergibt sich Anpassungsbedarf. Denn laut Urteil ist es nun nicht mehr möglich, die Schuldenbremse in einem Jahr auszusetzen und mit den zusätzlichen Mitteln Krisenausgaben auch in Folgejahren zu bewältigen.

Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen für ein zweites Haushaltsfinanzierungsgesetz enthält Regelungen, um die notwendigen Einsparungen im Bundeshaushalt 2024 und teilweise in Folgejahren umzusetzen. Erreicht werden soll dies insbesondere durch die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen und die Absenkung der Ausgaben in einzelnen Ressorts, durch die bessere Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt und die Reduzierung von Bundeszuschüssen. Vorgesehen sind u.a. Subventionsabbau im Agrarbereich, eine Erhöhung der Luftverkehrssteuer und die vorgezogene Anhebung der CO2-Bepreisung.

Dabei bleibt die Balance von Zukunftsinvestitionen, sozialer Sicherung, steuerlicher Entlastung und Konsolidierung der öffentlichen Finanzen erhalten. Wichtig ist uns: Es darf keine Sozialkürzungen geben und der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft muss unterstützt werden.

Die Herausforderungen bleiben groß: Der anhaltende Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine fordert weiterhin unsere Unterstützung, sowohl militärisch, finanziell und auch durch die Aufnahmen von über einer Million Geflüchteter. Gleichzeitig muss der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft gestemmt werden, auch um Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze zu sichern. Das bedeutet, dass Ausgaben priorisiert und angepasst werden müssen. Wir beraten den Gesetzentwurf in dieser Woche erstmalig im Plenum.

 

Agrarpolitischer Bericht der Bundesregierung

Alle vier Jahre veröffentlicht die Bundesregierung den Agrarpolitischen Bericht. Er bietet eine wichtige Standortbestimmung zur Situation der Landwirtschaft in Deutschland und informiert über die Lage der Landwirtschaft und der ländlichen Räume, aktuelle Entwicklungen und die Politik der Bundesregierung.

In dieser Woche wird der Agrarpolitische Bericht 2023 der Bundesregierung beraten. In insgesamt sechs Abschnitten – 1) Nachhaltige Agrar- und Ernährungssysteme, 2) Wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft, 3) Landwirtschaftliche Erzeugnisse und Agrarmärkte, 4) Forstwirtschaft, 5) Fischerei und 6) Finanzierung – informiert der Bericht über Betriebsstrukturen sowie Entwicklungen in den genannten Segmenten.

Im Jahr 2020 haben eine Million Menschen in 263.000 landwirtschaftlichen Betrieben Waren im Wert von 50 Milliarden Euro erzeugt. Dabei ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Zwischen 2010 und 2020 haben 36.100 Betriebe aufgegeben. Vor allem die Zahl der schweinehaltenden Betriebe ging in diesem Zeitraum von 60.000 auf 32.000 zurück.

Immer mehr Betriebe in Deutschland stellen auf ökologischen Landbau um. Insgesamt wirtschafteten Ende 2022 fast 37.000 Höfe in Deutschland ökologisch – jeder siebte Hof. Das entspricht 14,2 Prozent aller Landwirtschaftsbetriebe. Zugleich hatten Landwirte in den vergangenen Jahren mit Einkommensschwankungen zu kämpfen. Zwischen 2012 und 2022 lagen die Extreme der durchschnittlichen Einkommen in den landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieben zwischen 26.900 Euro (Wirtschaftsjahr 2015/16) und 46.100 Euro (Wirtschaftsjahr 2021/22). Zudem weist der Bericht auf die sich zuspitzende Situation am Bodenmarkt hin: Die Pachtpreise stiegen zwischen 2010 und 2020 im Bundesschnitt um 62 Prozent an.

 

PolizeibeauftragteR beim Deutschen Bundestag einsetzen

Wir beraten in dieser Woche abschließend den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Einrichtung einer oder eines Polizeibeauftragten des Bundes und setzen damit eine weitere Vereinbarung des Koalitionsvertrages um. Mit der oder dem Polizeibeauftragten des Bundes schaffen wir etwas Neues. Die oder der Polizeibeauftragte des Bundes wird für die Beschäftigten des Bundeskriminalamts (BKA), der Bundespolizei und der Polizei des Deutschen Bundestages zuständig sein. Sie oder er wird aber auch für Bürger Ansprechpartner sein, wenn diese durch ein Fehlverhalten der genannten Polizeien betroffen sind und die Beschwerde auf ein strukturelles Problem innerhalb dieser Behörden schließen lässt. Die oder der Beauftragte für die Polizeien des Bundes wird eine Anlaufstelle beim Deutschen Bundestag mit Akteneinsichts- und Zutrittsrechten.

Diese neue Position tritt ergänzend neben die bereits existierenden behördeninternen Verwaltungsermittlungen und die Möglichkeiten im Rahmen des Disziplinar- oder Arbeitsrechts sowie den justiziellen Weg vor die Gerichte. Damit werden die Handlungsoptionen der Betroffenen erweitert, das Vertrauen der Bevölkerung in die Institution Polizei gestärkt und auch den Beschäftigten der Polizei selbst eine Möglichkeit gegeben, sich vor möglicherweise ungerechtfertigten Anschuldigungen zu schützen.

 

Rückführungen verbessern

Die Zahl der Geflüchteten aus anderen Staaten ist in Deutschland in den letzten Jahren deutlich angestiegen, über eine Million Menschen davon kommen alleine aus der Ukraine. Klar ist: Wer Schutz braucht, soll ihn erhalten. Wer aber kein Anrecht auf Asyl hat, kann nicht in Deutschland bleiben, sondern muss konsequent zurückgeführt werden. Dies betrifft insbesondere die Rückführung von Straftäter:innen und Gefährder:innen.

Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, den wir in dieser Woche abschließend beraten, wird künftig die schnellere Rückführung von Ausländern ohne Bleiberecht in Deutschland ermöglicht und die Ausländerbehörden werden entlastet. Damit setzen wir auch Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) um.

Vorgesehen sind Maßnahmen für effektivere Verfahren und eine konsequentere Durchsetzung der Ausreisepflicht, in dem Vollzugshindernisse beseitigt werden. So soll die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams auf 28 Tage verlängert und die Ausweisung von Schleuser sowie von Angehörigen von Strukturen der Organisierten Kriminalität erleichtert werden. Zudem sollen Räumlichkeiten in Gemeinschaftsunterkünften leichter betreten werden können und Einreise- und Aufenthaltsverbote, Wohnsitzauflagen sowie räumliche Beschränkungen sofort vollziehbar sein. Auch die Identitätsfeststellung und die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern wird künftig erleichtert.

Eine Abschiebung bei Ausreisepflichtigen in Haft muss künftig nicht mehr angekündigt werden. Ebenso wird die einmonatige Ankündigungspflicht für Abschiebungen, denen eine mindestens einjährige Duldung vorausging, gestrichen. Hierbei gibt es jedoch Ausnahmen für Familien mit Kindern unter 12 Jahren. Durchsetzen konnten wir in den parlamentarischen Verhandlungen, dass Minderjährige und Familien mit Minderjährigen grundsätzlich nicht in Abschiebungshaft genommen werden.

Im parlamentarischen Verfahren konnten wir auch erreichen, dass den Ausländern verpflichtend eine anwaltliche Vertretung im Abschiebungshaftverfahren und Verfahren des Ausreisegewahrsams bestellt wird, damit sie ihre Rechte geltend machen können. Zudem stellen wir gesetzlich klar, dass die Rettung Schiffbrüchiger von der Ausweitung der Strafbarkeit für Schleusungen nicht erfasst ist. Vorgesehen sind außerdem Maßnahmen, die die Ausländerbehörden entlasten sollen, zum Beispiel eine längere Gültigkeitsdauer von Aufenthaltserlaubnissen von subsidiär Schutzberechtigten.

Im parlamentarischen Verfahren haben wir darüber hinaus noch Erleichterungen bei den bisher bestehenden Arbeitsverboten sowie eine teilweise Umsetzung der MPK-Beschlüsse zum Asylbewerberleistungsgesetz in den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen aufgenommen.

 

Weg frei für eine nationale Wasserstoffinfrastruktur

Bis 2045 muss Deutschland klimaneutral sein. Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien setzt die Ampel dabei auf Wasserstoff. Der Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur erfolgt zweistufig. Zunächst soll bis 2032 ein 10.000 Kilometer umspannendes Wasserstoff-Kernnetz aufgebaut werden, das deutschlandweit wesentliche Wasserstoff-Standorte, etwa große Industriezentren, Speicher, Kraftwerke und Importkorridore, anbinden soll. Den Grundstein dafür haben wir bereits im Oktober 2023 mit einer Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) gelegt. In dieser Woche beraten wir nun eine weitere Änderung des EnWG, um letzte Details der Finanzierung des Kernnetzes und die Stufe Zwei der Wasserstoffinfrastrukturregulierung an den Start zu bringen.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, das Kernnetz privatwirtschaftlich zu realisieren und vollständig über Netzentgelte zu finanzieren. Diese werden zunächst gedeckelt, damit möglicherweise zu hohe anfängliche Netzentgelte den Wasserstoff-Hochlauf nicht hemmen.

Die Finanzierung aus Netzentgelten wird bis 2055 mit Hilfe eines durch den Bund geführten, sogenannten Amortisationskontos gestreckt. Die Differenz zwischen anfangs hohen Investitionskosten und geringen Einnahmen aufgrund gedeckelter Netzentgelte wird auf das Amortisationskonto verbucht und zwischenfinanziert. Wenn später mehr Nutzer:innen an das Netz angeschlossen sind, wird dieser Fehlbetrag auf dem Konto durch Mehreinnahmen aus Netzentgelten bis spätestens 2055 ausgeglichen. Dadurch wird sichergestellt, dass private Investitionen von Beginn an wirtschaftlich tragfähig sind und die Kosten für die ersten Wasserstoffnutzer bezahlbar bleiben. Sollten die Kosten langfristig nicht durch Netzentgelte ausgeglichen werden können, kann der Bund mit Hilfe von Zuschüssen einspringen. Alle drei Jahre soll überprüft werden, ob das Finanzierungsmodell tragfähig ist oder Anpassungen erforderlich sind.

Der Entwurf sieht vor, ein flächendeckendes Wasserstoffnetz zu entwickeln, das auf dem Kernnetz aufbaut. Dazu wird ab 2025 eine fortlaufende Netzentwicklungsplanung für Wasserstoff und Gas im EnWG geschaffen. Künftig sollen Fernleitungsnetzbetreiber und Betreiber von Wasserstofftransportnetzen alle zwei Jahre einen gemeinsamen Netzentwicklungsplan erarbeiten. Dort soll auch ausgewiesen werden, welche Gasleitungen auf Wasserstoff umgestellt werden können.

 

Freiwilligendienst in Teilzeit ermöglichen

Jedes Jahr engagieren sich 100.000 Menschen in Freiwilligendiensten und stärken so den demokratischen Zusammenhalt in unserem Land. Bisher ist ein solcher Dienst im Regelfall nur in Vollzeit möglich. Freiwillige im Bundesfreiwilligendienst (BFD), im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) oder im Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) können bislang den Dienst nur dann in Teilzeit leisten, wenn sie ein berechtigtes Interesse wegen besonderer Lebensumstände nachweisen – etwa bei familiären, erzieherischen oder pflegerischen Verpflichtungen.

Dies soll für Freiwillige unter 27 Jahren künftig einfacher werden. Im Entwurf der Bundesregierung für ein Freiwilligen-Teilzeitgesetz, den wir in dieser Woche erstmalig beraten, ist vorgesehen, dass unter 27-Jährige unabhängig von besonderen Lebensumständen einen Teilzeitdienst leisten dürfen. Dieser muss mindestens 20 Stunden pro Woche umfassen und die Einsatzstelle muss einverstanden sein. So werden Freiwilligendienste attraktiver, besonders für junge Menschen mit Familien- oder Pflegeaufgaben. Auch der bürokratische Aufwand sinkt.

Darüber hinaus ist geplant, dass die Träger und Einsatzstellen ihren Freiwilligen je nach ihrem Ermessen mehr zahlen dürfen. Dazu wird die Obergrenze für das Taschengeld angehoben, das die Freiwilligen erhalten. Sie ist prozentual an die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung gekoppelt und beträgt derzeit sechs Prozent. Dieser Anteil soll nun auf acht Prozent bzw. 584 Euro monatlich angehoben werden. Zudem können Einsatzstellen zusätzliche Mobilitätszuschläge zahlen.

 

Wir reformieren das Staatsangehörigkeitsrecht

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Dies spiegelt sich jedoch im deutschen Staatsangehörigkeitsrecht bislang nicht ausreichend wider. Was lange überfällig und längst gesellschaftliche Realität ist, geht die Ampel nun an: Wir reformieren das Staatsangehörigkeitsrecht. Das ist ein klarer Paradigmenwechsel. Menschen, die schon lange hier leben, ihren Lebensmittelpunkt hier haben und die Werte unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung teilen, senden wir ein klares Zeichen: Ihr gehört zu uns, Ihr seid Teil der Geselschaft, Ihr könnt künftig mitentscheiden und mitbestimmen.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung, den wir in dieser Woche abschließend beraten, sieht grundlegende Änderungen vor: Mehrstaatigkeit ist künftig generell möglich. Die Einbürgerung ist nach fünf statt bisher acht Jahren möglich, bei besonderen Integrationsleistungen bereits nach drei Jahren. In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern erhalten die deutsche Staatsbürgerschaft automatisch, wenn die Eltern fünf Jahre rechtmäßig in Deutschland sind und ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht haben (bislang acht Jahre). Auch für die Gastarbeitergeneration und die bis 1990 in die DDR eingereisten sogenannten Vertragsarbeitern wird die Einbürgerung leichter, sie müssen deutsche Sprachkenntnisse nur mündlich nachweisen, auf den Einbürgerungstest wird bei ihnen verzichtet und bei der Lebensunterhaltssicherung gelten Erleichterungen.

Es bleibt grundsätzlich dabei, dass Einbürgerungsbewerber:innen den Lebensunterhalt für sich selbst und die unterhaltspflichtigen Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen nach SGB II oder XII erbringen müssen. Im parlamentarischen Verfahren konnten wir erreichen, dass Ehegatten von Gastarbeitern hierbei ebenso von Erleichterungen profitieren, wenn sie die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nicht zu vertreten haben.

Zudem soll die Härtefallregelung des § 8 Absatz 2 StaG für Personengruppen greifen, die die Sicherung des Lebensunterhalts aufgrund von durch sie selbst nicht beinflussbaren Umständen nicht leisten können. Denn diese würde es unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Umstände erheblich stärker als andere treffen, wenn die Einbürgerung versagt wird. Dazu gehören Rentenbezieher, Menschen mit einer Krankheit oder mit einer Behinderung, Alleinerziehende, die nicht oder nur in Teilzeit arbeiten können oder auch pflegende Angehörige oder Schüler, Auszubildende oder Studierende. Für diese Gruppen soll künftig die Härtefallregel gelten, wenn sie alles objektiv Mögliche und subjektiv Zumutbare unternommen haben, um ihren Lebensunterhalt dauerhaft zu sichern. Das stellen wir in einem Entschließungsantrag klar. Außerdem soll es künftig eine genauere statistische Erfassung dieser Fälle geben.

Personen, die antisemitische, rassistische oder sonst menschenverachtende Straftaten begehen, bleiben auch weiterhin von einer Einbürgerung ausgeschlossen. Im Gesetzentwurf stellen wir klar, dass auch Handlungen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle eine Einbürgerung ausschließen können. Das Bekenntnis zu den Werten einer freiheitlichen Gesellschaft haben wir im parlamentarischen Verfahren im Staatsangehörigkeitsrecht ergänzt mit dem expliziten Bekenntnis zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens sowie zum friedlichen Zusammenleben der Völker und dem Verbot der Führung eines Angriffskrieges. Damit setzen wir ein klares Signal. Ausgeschlossen ist der Erwerb der Staatsangehörigkeit auch im Fall einer Mehrehe oder wenn Personen durch ihr Verhalten zeigen, dass sie die im Grundgesetz festgelegte Gleichberechtigung von Mann und Frau missachten.