Aktuelles aus dem Bundestag

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Der Kampf gegen die Corona-Pandemie, Jugenschutz und Mobilitäts- sowie Verkehrspolitik sind unter anderem entscheidende Themen dieser Sitzungswoche. Eine Übersicht über die wichtigsten Punkte gibt es hier.

 

Epidemische Lage von nationaler Tragweite 

Im März vergangenen Jahres wurde in § 5 Abs. 1 bis 5 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) die epidemische Lage durch den Bundestag festgestellt sowie Verordnungsermächtigungen und Anordnungsbefugnisse für das Bundesgesundheitsministerium ge-regelt. Diese Regelung ist bis zum 31. März 2021 befristet. 

Ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen, der in dieser Woche abschließend beraten wird, sieht vor, dass der Bundestag künftig die epidemische Lage nationaler Tragweite befristet für maximal drei Monate feststellen soll. Jede Verlängerung muss erneut vom Bundestag beschlossen werden. Damit stärken wir die Rechte des Parlaments. 

Eingriffe in die Grundrechte der BürgerInnen müssen stets gut begründet sein. Des-halb hat die SPD-Fraktion erreicht, dass Entscheidungen über eine Verlängerung oder Aufhebung von Schutzmaßnahmen nach §28a des Infektionsschutzgesetzes sich nicht mehr nur an den Inzidenzen, sondern unter anderem auch an der Impfquote und dem R-Wert orientieren müssen. Der Grundrechtsschutz wird hierdurch erhöht. 

Gleichzeitig soll der bislang befristet geltende § 5 IfSG entfristet werden, so dass er dauerhaft im IfSG verbleibt. Die Verordnungsermächtigungen für das Bundesgesundheitsministerium werden dabei aber konkreter ausgestaltet. Mit der präziseren Benennung der Befugnisse des Gesundheitsministers begegnen wir der verfassungsrechtlichen Kritik an dem Gesetz. Vorgesehen wird außerdem eine unabhängige interdisziplinäre Evaluation der Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes durch ein Gremium, dessen Mitglieder je zur Hälfte vom Bundestag und der Bundesregierung benannt werden. 

Erreicht haben wir auch Verbesserungen bei der Verdienstausfall-Entschädigung für Eltern im Infektionsschutzgesetz (§ 56 Abs. 1a IfSG). Es wird der Gleichklang mit der erweiterten Regelung zum Kinderkrankengeld hergestellt. Ein Entschädigungsanspruch besteht künftig beispielsweise auch unabhängig von der Möglichkeit zum Homeoffice. Es wird klargestellt, dass die Anspruchsdauer jeweils jährlich nach erstmaliger Feststellung der epidemischen Lage am 25.März 2020 besteht und Ende März neu beginnt. 

Straßenbau zu Gewerbegebieten fördern 

Seit 1969 fördert der Bund schwächer entwickelte Regionen im Rahmen der „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW). Dadurch werden einerseits schon bestehende Wirtschaftsstrukturen, beispielsweise im Tourismus oder Gewerbe, gefördert. Andererseits werden Forschung und Entwicklung und privatwirtschaftliche Investitionen bezuschusst, damit es sich für Unternehmen auch rechnet, auf die strukturschwachen Standorte zu setzen. Mit dieser GRW-Förderung konnten Bund und Länder weitreichendes Wachstum und Beschäftigung sichern – und bessere Lebensverhältnisse in ganz Deutschland realisieren. 

In Zukunft soll auch Straßenbau förderfähig sein, der Gewerbegebiete an Landes- oder Bundesstraßen anschließt. Bisher ist der teure Bau oft auf die Gemeinde zurückgefallen, die die Kosten nicht stemmen konnte. Dazu beraten wir in 2./3. Lesung einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des GRW-Gesetzes. 

 

Jugendschutz online und offline 

Das Internet ist aus dem Alltag von Kindern und Jugendlichen nicht mehr wegzudenken – nicht erst seit den pandemiebedingten Einschränkungen. Mit der veränderten Nutzung des Mediums gibt es Risiken, die von den bisher geltenden Vorschriften nicht mehr angemessen erfasst werden. Mit ihrem Gesetzentwurf für eine zweite Änderung des Jugendschutzgesetzes will die Bundesregierung diese Lücken nun füllen. 

Demnach sollen Anbieter von Internetdiensten zu Voreinstellungen verpflichtet werden, die Kinder und Jugendliche vor Risiken wie Mobbing, sexualisierter Anmache, Hassrede, Tracking und finanzieller Abzocke schützen. Sie sollen außerdem bei Spielen oder in sozialen Netzwerken nicht mehr einfach von Fremden gefunden und angesprochen werden können. 

Um riskante Medien besser erkennen und bewerten zu können, sollen Eltern und pädagogische Fachkräfte mit einheitlichen und aussagekräftigen Alterskennzeichnungen eine klare Orientierungshilfe bekommen. 

Zur Durchsetzung der Neuregelungen soll die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) zur „Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz“ weiterentwickelt werden. Wenn Verstöße festgestellt werden, wird zunächst ein „dialogisches Verfahren“ in Gang gesetzt. Wenn das nicht erfolgreich ist, können weitere Schritte ergriffen werden – als letzte Konsequenz Bußgelder.

 

Nachholbedarf bei Digitalisierung in Schulen 

Der Nationale Bildungsbericht 2020 bestätigt die Erfahrungen der vergangenen Monate: Um die Digitalisierung in Schulen ist es in Deutschland eher schlecht bestellt. Alle zwei Jahre informiert der Nationale Bildungsbericht über den Stand des deutschen Bildungssystems. 

Dem Bericht zufolge ist das deutsche Bildungssystem zwar durchlässiger geworden. Durchstiege und Umstiege von der beruflichen in die akademische Bildung und umgekehrt werden somit immer selbstverständlicher. Gleichwohl prägt der soziale Hintergrund noch immer den Bildungserfolg von Menschen. Ebenso besorgt die BildungsexpertInnen: Immer mehr Menschen verlassen die Schule ohne Hauptschulabschluss. 

Kritisch sehen die ExpertInnen auch die digitale Ausstattung: Während an Hochschulen und im Bereich der Weiterbildung digitale Medien regelmäßig zum Einsatz kommen, bestehe vor allem an Schulen Handlungsbedarf. Das corona-bedingte Distanzlernen hat nach ihrer Ansicht bekräftigt, dass Schulen nicht nur der Wissensvermittlung dienen, sondern für SchülerInnen wichtige Orte des sozialen Miteinanders sind. 

 

Mehr Selbstbestimmung im Vormundschafts- und Betreuungsrecht 

In dieser Woche beraten wir in 2./3.Lesung den Regierungsentwurf für eine Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts. Die notwendig gewordene Überarbeitung beider Gesetze stellt künftig die zu betreuende Person in den Mittelpunkt: Ihr Wunsch soll Richtschnur für die Betreuerin/den Betreuer bzw. den Vormund sein. Mit dem neuen Betreuungsrecht will die Regierung die Entscheidungsfindung klarer regeln: So soll die betreute Person in erster Linie bei der Besorgung der Angelegenheiten unterstützt werden. Das betrifft alle Entscheidungen, die von der konkreten Betreuung umfasst sind. Es geht also zum Beispiel um die Einwilligung in eine ärztliche Behandlung oder auch um die Frage, wofür das eigene Geld ausgegeben wird. BetreuerInnen dürfen die Stellvertretung nur dann wahrnehmen, wenn es erforderlich ist. Das stärkt die Selbstbestimmung der betreuten Menschen. 

Wir haben uns erfolgreich für eine Änderung der Sterilisationsregelung eingesetzt: Seit jeher ist die Regelung des §1830 BGB umstritten und wird von den Behindertenverbänden kritisiert. Die nun getroffene Neuregelung wird dem Selbstbestimmungsrecht von einwilligungsunfähigen Erwachsenen entsprechend den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention und der Istanbul-Konvention besser gerecht und lässt gleichzeitig keine Schutzlücken zu Lasten der Betroffenen offen. Es reicht zukünftig nicht mehr aus, dass eine betreute Person der Sterilisation lediglich nicht widerspricht. Die betroffene Person muss nun mit ihrem natürlichen Willen der Sterilisation zustimmen. Außerdem wird endlich anerkannt, dass eine Behinderung für sich kein Grund ist, ein Kind von seiner Mutter zu trennen. 

Wir verbessern darüber hinaus die Qualität der Betreuung und zwar schon bei der Auswahl und Kontrolle der BetreuerInnen. Außerdem wird künftig die unverzichtbare Arbeit der Betreuungsvereine in Zusammenarbeit mit den Ländern besonders unter-stützt. Und im Vormundschaftsrecht stärken wir die Rechte von Pflegeeltern. 

 

Neue Mobilität erfordert neue Regeln 

Mobilität soll flexibel und bürgerfreundlich sein. Dabei können digitale Angebote helfen: Beispielsweise sog. Pooling-Dienste, die automatisch Fahrgemeinschaften zwi-schen Fahrgästen mit ähnlichem Fahrtziel bilden. Bisher sind solche Formen der Mobilität – abseits einer Experimentierklausel – nicht rechtlich verankert und reguliert. Diese Lücke schließt der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Modernisierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), der nach jahrelangen Ver-handlungen abschließend beraten wird. 

Neue Mobilitätsdienstleister wie Uber werden künftig genehmigungspflichtig und müssen gesammelte Daten bereitstellen, damit die Kommunen die Einhaltung der Regeln besser nachverfolgen können. Auch können Kommunen künftig im Bereich des Mietwagengewerbes erstmals Sozialstandards definieren, wie zum Beispiel Regelungen zu Arbeitszeiten, Entlohnung und Pausen. 

Der Wettbewerb zwischen Taxis, Mietwagen und Pooling-Anbietern wird klar und fair geregelt: Die Verkehrsarten sind eindeutig voneinander abgegrenzt, aber das Fahrpersonal muss die gleiche Qualifikation haben. Auf Initiative der SPD-Fraktion können zudem Städte, Kreise und Gemeinden die Bedingungen bestimmen, unter denen Mobilitätsdienstleister in ihren Gebieten agieren. 

Die SPD-Fraktion hat sich darüber hinaus klar dafür ausgesprochen, dass Sozialstandards im ÖPNV über das Instrument der kommunalen Nahverkehrspläne im PBefG adressiert werden. Allerdings sperrte sich die Union dagegen. Nun soll ein Gutachten des BMVi und des BMAS den Regelungsbedarf bewerten.