Neues aus dem Deutschen Bundestag

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In dieser Sitzungswoche sind die zentralen thematischen Schlagworte Bezahlkarte für Geflüchtete, nationale Wasserstoffinfrastruktur und Startchancen-Programm. Alle konkreten Infos zu diesen und weiteren Themen aus dem Bundestag gibt es wie gewohnt hier in der Zusammenfassung.

Die Themen der Woche:

Startchancen-Programm zügig umsetzen

Studien zeigen, dass Bildungserfolg stark von der sozialen Herkunft abhängt. In einem gemeinsamen Antrag begrüßen die Koalitionsfraktionen den für August 2024 geplanten Beginn des Startchancen-Programms, das für mehr Bildungschancen in rund 4.000 Schulen sorgen soll. In den nächsten zehn Jahren wollen Bund und Länder jeweils zehn Milliarden Euro in Schulen in besonders herausfordernden Lagen investieren.

Beim Startchancen-Programm handelt es sich um das größte Bund-Länder-Programm zur Förderung sozioökonomisch benachteiligter Schüler:innen. Eine Million Schüler sollen von der Förderung profitieren. Ziel ist unter anderem, die Zahl der Schüler, die die Mindeststandards in Deutsch und Mathematik nicht erreichen, zu halbieren. Die Zielvorgaben werden wissenschaftlich evaluiert und überprüft.

Von der Förderung sollen zu 60 Prozent Grundschulen und zu 40 Prozent weiterführende Schulen profitieren. Es gibt drei Fördersäulen: In der ersten Säule werden investive Mittel für eine zeitgemäße und förderliche Lernumgebung bereitgestellt, etwa für Kreativlabore oder Multifunktionsräume. Die zweite Säule ist ein Chancenbudget zur freien Verfügung der Schulen, mit dem bedarfsgerechte Lösungen für die Schul- und Unterrichtsentwicklung geschaffen werden können. Über die dritte Säule sollen die Personalausgaben für mehr Schulsozialarbeiter und andere Fachkräfte finanziert werden.

Mit dem Startchancen-Programm wird die Bildungsfinanzierung zielgerichteter. Zum einem werden die Bundesmittel, die in die erste Säule – das Investitionsprogramm – fließen, nicht wie sonst üblich über den Königsteiner Schlüssel an die Länder verteilt. Stattdessen werden die Armutsgefährdungsquote, der Anteil der unter 18-Jährigen mit Migrationshintergrund und ein negatives Bruttoinlandsprodukt des jeweiligen Landes berücksichtigt. Zum anderen wählen die Länder anhand von Sozialkriterien die zu fördernden Schulen aus. Dadurch fließen die Mittel dorthin, wo sie am dringendsten gebraucht werden.

Die Koalitionsfraktionen begrüßen das Programm der Bundesregierung und fordern diese auf, das Startchancen-Programm gemeinsam mit den Ländern zügig umzusetzen.

 

Weg frei für eine nationale Wasserstoffinfrastruktur

Bis 2045 muss Deutschland klimaneutral sein. Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien setzt die Ampel dabei auf Wasserstoff. Der Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur erfolgt zweistufig. Zunächst soll bis 2032 ein ca. 9.700 Kilometer langes Wasserstoff-Kernnetz aufgebaut werden, das deutschlandweit wesentliche Wasserstoff-Standorte erschließen soll, etwa große Industriezentren, Speicher, Kraftwerke und Importkorridore. Dieses dient als Basis für den weiteren, zukünftigen Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur. Den Grundstein dafür haben wir bereits im Oktober 2023 mit einer Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) gelegt. In dieser Woche beraten wir nun eine weitere Änderung des EnWG in finaler Lesung, um letzte Details der Finanzierung des Kernnetzes und die zweite Stufe der Wasserstoffinfrastrukturregulierung an den Start zu bringen.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, die Finanzierung des Kernnetzes privatwirtschaftlich zu realisieren. Seitens der SPD-Fraktion haben wir uns im parlamentarischen Verfahren dafür eingesetzt, die Rahmenbedingungen für die dazu notwendigen Investitionen zu verbessern. Die Investitions- und Betriebskosten sollen dabei vollständig über Netzentgelte gedeckt werden. Diese werden zunächst allerdings gedeckelt, damit möglicherweise zu hohe anfängliche Netzentgelte den Wasserstoff-Hochlauf nicht hemmen.

Die Finanzierung aus Netzentgelten wird bis 2055 mit Hilfe eines sogenannten Amortisationskontos gestreckt. Die Differenz zwischen anfangs hohen Investitionskosten und geringen Einnahmen aufgrund gedeckelter Netzentgelte wird auf dieses Amortisationskonto verbucht. Wenn später mehr Nutzer:innen an das Netz angeschlossen sind, soll das Konto durch steigende Mehreinnahmen aus Netzentgelten bis spätestens 2055 ausgeglichen werden.

Dadurch wird sichergestellt, dass private Investitionen von Beginn an wirtschaftlich tragfähig
sind und die Kosten für die ersten Wasserstoffnutzer bezahlbar bleiben. Sollten die Kosten langfristig nicht durch Netzentgelte ausgeglichen werden können, kann der Bund mit Hilfe von Zuschüssen einspringen. Alle drei Jahre soll überprüft werden, ob das Finanzierungsmodell tragfähig ist oder Anpassungen erforderlich sind.

Der Entwurf sieht außerdem Instrumente vor, um die Entwicklung eines flächendeckenden
Wasserstoffnetzes zu ermöglichen, das auf dem Kernnetz aufbaut. Dazu wird ab 2025 eine
integrierte Netzentwicklungsplanung für Wasserstoff und Erdgas im EnWG eingeführt. Künftig sollen Fernleitungsnetzbetreiber und Betreiber von Wasserstofftransportnetzen alle zwei
Jahre einen gemeinsamen Netzentwicklungsplan erarbeiten. Dort soll unter anderem auch
ausgewiesen werden, welche Erdgasleitungen auf Wasserstoff umgestellt werden können.

 

Justiz weiter digitalisieren

Wir beraten in dieser Woche in 1. Lesung den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur weiteren Digitalisierung der Justiz. Damit soll u.a. die digitale Strafantragstellung vereinfacht
werden. Künftig ist dann ein Strafantrag auch per E-Mail oder Online-Formular (zum Beispiel bei einer Internetwache) möglich, wenn die Identität der antragstellenden Person und ihre Bitte um Verfolgung der Straftat eindeutig erkennbar werden. Um zeit- und ressourcenintensive Anreisen zu vermeiden und Hauptverhandlungen flexibler zu terminieren und durchzuführen, sollen künftig Verfahrensbeteiligte (auf Antrag) an der strafgerichtlichen Revisionshauptverhandlung per Videokonferenz teilnehmen können.

Auch die elektronische Kommunikation mit Gerichten soll erleichtert werden. Anträge oder Erklärungen von Mandant:innen können dann künftig als Scan formwahrend elektronisch an die Gerichte übermittelt werden können. Wir werden uns als SPD-Fraktion im parlamentarischen Verfahren weiter dafür einsetzen, die Digitalisierung voranzutreiben. Wichtig ist uns dabei aber auch, dass die Hinweis- und Schutzfunktion, die Schriftformerfordernisse haben, auch im digitalen Raum bestmöglich abgebildet wird.

 

Besserer Datenaustausch. Bezahlkarte für Geflüchtete

Um den digitalen Datenaustausch zwischen Ausländerbehörden und den Leistungsbehörden (wie Sozialämtern und Jobcentern) zu verbessern, beraten wir in dieser Woche den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anpassung von Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht (DÜV-AnpassG) abschließend. Die Behörden sollen durch die Digitalisierungsmaßnahmen auch entlastet werden. Zudem führen wir eine bundesweite Bezahlkarte für Geflüchtete ein. Mit den Vorhaben setzen wir auch Beschlüsse von Ministerpräsidentenkonferenzen um.

Alle relevanten Informationen aus den Bereichen Integration, Arbeitsmarktzugang und soziale Leistungen sollen künftig im oder über das Ausländerzentralregister (AZR) gespeichert und abgerufen werden können. Das AZR soll auch zum zentralen Speicherort und Ausländerdateisystem ausgebaut werden. Dazu werden rechtliche Hürden für die Zulassung zum automatisierten Abrufverfahren aus dem AZR abgebaut und im AZR die Art der existenzsichernden Leistungen erstmalig erfasst. Ausländer- und Leistungsbehörden sollen durch diese möglichst automatisierte Datenübermittlung entlastet werden. Des Weiteren werden im Bereich der Dokumentenprüfung bundeseinheitliche IT-Sicherheitsstandards für die Datenverarbeitung bei Identitätssicherung und -überprüfung von Ausländern etabliert (nach §49 Aufenthaltsgesetz oder §16 Asylgesetz).

Der Gesetzentwurf dient auch dazu, die Bezahlkarte für Geflüchtete als Option in das Asylbewerberleistungsgesetz aufzunehmen. Damit setzen wir einen offenen Punkt aus dem
MPK-Beschluss vom 6. November 2023 um. Mit der bundesweit einheitlich geregelten Bezahlkarte sollen die Barauszahlungen an Asylbewerber:innen neu geregelt und der Verwaltungsaufwand für Kommunen möglichst reduziert werden. Auch künftig können Asylbewerber einen Teil ihrer Leistung in bar erhalten. An der Höhe der Gesamtleistung ändert sich nichts. Überweisungen ins Ausland sind jedoch nicht möglich. Ebenso haben wir klargestellt, dass Direktzahlungen an Vermieter:innen ermöglicht werden. Wir haben ebenfalls klargestellt, dass Bargeld ausgezahlt werden kann, wenn mit der Bezahlkarte bestimmte Bedarfe nach dem SGB XII nicht gedeckt werden können. Letzteres gilt für den sogenannten
Analogleistungsbezug, also nach 18 (künftig 36) Monaten Aufenthalt in Deutschland, wenn die Leistungen für Geflüchtete ungefähr der Höhe des Bürgergelds entsprechen.