2. Sitzungswoche des neuen Jahres: We remember!

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Eine Sitzungswoche, die es in sich hatte. Die Woche begann mit einem bewegenden Gedenken der Opfer des Nationalsozialismus, anlässlich des 75. Jahrestag der Befreiung des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz.

Auch die klassische Gesetzgebung ging ambitioniert weiter. Mit der Errichtung einer Engagement- und Ehrenamtsstiftung und einem Gesetz zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung wurden wichtige Themen angegangen.

Einen Überblick über die wichtigsten Tagesordnungspunkte der Sitzungswoche finden Sie im Folgenden:

PARLAMENT GEDENKT DER OPFER DES NATIONALSOZIALISMUS

Der Deutsche Bundestag hat am Mittwoch in einer Gedenkstunde den Opfern des Nationalsozialismus gedacht. Anlass dafür war der der 75. Jahrestag der Befreiung des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Neben Bundespräsident Steinmeier sprach auch Israels Präsident Rivlin.

Am 27. Januar vor 75 Jahren ist das deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager in Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit worden. Aus diesem Anlass hat der Deutsche Bundestag am Mittwoch der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Der Präsident des Staates Israel Reuven Rivlin redete in der Gedenkstunde neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Auch überlebende Opfer der NS-Verbrechen wohnten der Gedenkstunde bei.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dankte in seiner Rede Reuven Rivlin und den anwesenden Überlebenden für ihre Teilnahme an der Gedenkstunde. Dass ein israelischer Präsident die Schritte der Erinnerung gemeinsam mit einem deutschen Präsidenten gehe, erfülle ihn mit tiefer Demut. „Versöhnung ist eine Gnade, die wir Deutschen nicht erwarten oder erhoffen konnten. Wir werden ihr gerecht werden und wir stehen an der Seite Israels.“ Die Erinnerung an die Shoa sei Teil der deutschen Identität. „Die Lehren aus der deutschen Geschichte müssen zum Selbstverständnis aller Deutschen gehören. Diese Verantwortung tragen wir alle“, sagte das Staatsoberhaupt.

Nicht vergessen, was geschehen kann

Besorgt zeigte sich Steinmeier darüber, dass Hass und Hetze sowie Rassismus und Antisemitismus sich auch in Deutschland wieder ausbreiten: „Meine Sorge ist nicht, dass wir die Vergangenheit leugnen. Meine Sorge ist, dass wir sie besser verstehen als die Gegenwart.“ Er erinnerte an einen Satz des Schriftstellers Primo Levi. Als Überlebender habe dieser über die Shoa gesagt: „Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen.“ Für Deutschland heute müsse dieser Satz bedeuten: „Wir vergessen nicht, was geschehen ist – und wir vergessen auch nicht, was geschehen kann.“

Reuven Rivlin sagte, dass der deutsche Umgang mit der eigenen historischen Schuld die Grundlage für die heutigen deutsch-israelischen Beziehung sei. „Die ständige Auseinandersetzung mit der Shoa in Deutschland hat es ermöglicht, ein neues Kapitel aufzuschlagen.“ Heute bewegten sich die beiden Staaten gemeinsam zwischen Vergangenheit und Zukunft, unter der Prämisse, nie zu vergessen.

Er betonte, wie wichtig Deutschlands Rolle im weltweiten Kampf gegen Antisemitismus und Fremdenhass ist. „Das Land, in dem die Endlösung erdacht wurde, hat die Verantwortung übernommen für den Schutz liberaler Werte.“ Diese Verantwortung sei enorm, weil auch Europa von den Geistern der Vergangenheit heimgesucht werde. Rivlin: „Wir stehen nicht an der Schwelle einer neuen Shoa, aber wir müssen die Anfänge sehen.“ Auch er habe kein Patenrezept, aber er sei hier um zu sagen: „Wir sind wahre Partner und kämpfen mit unseren gemeinsamen Werten gegen Antisemitismus und Fremdenhass.“

 

PLANUNGS- UND GENEHMIGUNGSBESCHLEUNIGUNG IM VERKEHRSBEREICH

Planungsprozesse für den Ausbau und die Instandhaltung der Verkehrsinfrastruktur dauern zu lange –
beim Ausbau des Schienennetzes teilweise bis zu 20 Jahre. Das ist angesichts der großen Investitionsbedürfnisse für eine moderne Infrastruktur und der Anforderungen, die sich aus den Klimaschutzzielen ergeben, nicht zufriedenstellend.

Mit dem Planungsbeschleunigungsgesetz hat die Koalition hier bereits erste Schritte unternommen. Am
Freitag hat der Bundestag zwei Gesetze beschlossen, die die Verfahren effizienter gestalten sollen.

Mit dem Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich will die Koalition die Verfahren verbessern. Dazu gehören unter anderem die Entlastung der Kommunen von Finanzierungsbeiträgen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz. Heißt: Dadurch sollen Investitionen in das Schienennetz schneller getätigt werden können.

Mit dem Entwurf für ein so genanntes Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz will der
Bund für mehrere Modellprojekte die Möglichkeit schaffen, Baurecht durch Gesetz zu erlangen. Für diese Schienen- und Wasserstraßenprojekte soll dann geprüft werden, inwieweit ein solches Vorgehen zu einer Beschleunigung beitragen kann. Durch eine frühzeitige Bürgerbeteiligung soll deren Einbindung und damit die Akzeptanz verbessert werden. Die Beschleunigung der Maßnahmen ist auch wichtig, um die Ziele des Klimaschutzprogramms 2030, mehr Verkehr auf umweltfreundliche Verkehrsträger zu verlagern, erreichen zu können.

Mit dem Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz übernimmt das Parlament eine besondere Verantwortung. Die Erwartungen auf ein schnelleres Bauen sind groß und müssen nun auch erfüllt werden. Für die SPD-Fraktion besonders wichtig: Die Bürgerbeteiligung wird dabei großgeschrieben.

 

ERRICHTUNG DER ENGAGEMENT- UND EHRENAMTSSTIFTUNG

Unsere Demokratie ist ohne zivilgesellschaftliches Engagement nicht vorstellbar. Jeder der insgesamt 30
Millionen Menschen leistet für den Zusammenhalt in unserem Land tagtäglich seinen Beitrag – vom
individuellen Engagement bis zum Ehrenamt. Besonders auf dem Land sind bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt die tragenden Säulen eines lebendigen und intakten Gemeinwesens.

Die Strukturen vor Ort sind jedoch regional sehr unterschiedlich ausgeprägt – insbesondere in den neuen Bundesländern. Um hier gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen, braucht es eine passgenaue Förderung. Gleichzeitig haben sich die Rahmenbedingungen und Formen des bürgerschaftlichen und ehrenamtlichen Engagements in den vergangenen Jahren verändert. Neben den ursprünglichen und gewachsenen Formen des Engagements haben sich neue herausgebildet, etwa im digitalen Bereich.

Ziel eines Gesetzentwurfs der Koalition, der am Donnerstag vom Parlament beschlossen wurde, ist es, das bürgerschaftliche Engagement auch auf Bundesebene zu stärken und zu fördern, vor allem in
strukturschwachen und ländlichen Räumen. Zu diesem Zweck soll eine „Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt“ mit Sitz in Neustrelitz errichtet werden.

Im parlamentarischen Verfahren hat die SPD-Fraktion erreicht, dass die Stiftung nicht nur einen Service-
und Beratungsauftrag haben wird, sondern zivilgesellschaftliches Engagement auch konkret finanziell fördern kann. Vorgesehen ist zudem, dass die Stiftung jährlich 30 Millionen Euro aus Bundesmitteln für ihre Arbeit erhält.

 

 

Titelbild: pixabay/MichaelGaida