Simon Michaelis: „Die da oben“ – mein Praktikumsbericht

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In den letzten zwei Monaten hatte ich die Chance, dem SPD-Bundestagsabgeordneten Stefan Zierke bei seiner parlamentarischen Arbeit als studentischer Praktikant über die Schulter zu gucken – mit Abstand natürlich.

Nach vier Semestern Politikstudium zwischen Ministerialregierung und Gerrymandering durfte ich die graue Theorie ablegen und mal den realpolitischen Alltag kennenlernen. Und wie so oft unterscheiden sich die Welten zwischen dem Papier und dem Alltag riesig. Fernab von Tagespolitik, Interviews oder gefährlichem Halbwissen wie „Ich habe mal gehört…“, gestaltet sich Politik doch vielfältiger als ich dachte.

Verschiedenste Aufgaben fallen in einem Bundestagsbüro und bei einem Abgeordneten täglich an: umfassende Recherche, Zusammentreffen in Ausschüssen, Arbeitsgruppen und Plenarsitzungen, Vor- und Nachbereitung dieser Sitzungen, Terminabsprache unter den Büros im Wahlkreis und in Berlin, Teilnahme an Telefonkonferenzen oder Online-Sitzungen, Führung von Öffentlichkeitsarbeit im Wahlkreis, Rücksprachen mit den Büromitarbeitern zur Büroverwaltung und Organisation, Treffen mit externen oder internen politischen Akteuren, Sprechstunden für Bürger in dem Wahlkreis und das Beantworten von deren Bürgerbriefen oder einfach Wahlkampf. Es wird einem Bundestagsmitglied viel abgefordert, weswegen wir im Büro viel zu tun hatten. Nicht nur Stefan, sondern auch alle Mitarbeiter waren ordentlich eingebunden.

Aber was nehme ich mir aus zwei Monaten politischer Arbeit mit? Einen Bundestagsbeutel, zwei Kullis und die wichtige Bestätigung, dass ich mich beruflich mit Politik beschäftigen will – vielleicht aber auf anderem Wege.

Das Privileg, die Arbeit eines Abgeordneten erleben zu dürfen, liegt leider nicht in den Möglichkeiten aller Mitmenschen. Aus Gründen wie Desinteresse oder politischer Abneigung wird der Austausch mit Berufspolitikern und deren Angestellten leider immer wieder gemieden. Dabei besteht eine große Notwendigkeit zum Austausch. Gerade zwischen „Denen da oben“ und „den einfachen Menschen“ sind die Welten doch ähnlicher, als man denkt. Entgegen mancher Meinungen ist der Job des Politikers doch weitaus mehr, als sich Gesetze auszudenken oder angeblich Steuergelder verschwenden. Ein fester Zeitplan von morgens bis spät abends, ständiges Pendeln mit Bahn und Auto, viele Gespräche mit vielen Leuten über viele Themen und damit sehr wenig Platz für Familie oder Freunde ­– der Alltag des Vollzeitpolitikers ist für mich persönlich nicht unbedingt erstrebenswert.

Die Möglichkeit eines Einblicks in die politische Arbeit in Berlin zu nutzen, kann ich nur jedem empfehlen: egal ob als Praktikant in einem Büro oder einfach nur die Touri-Tour durch das Reichstagsgebäude. Sich mit Politik zu beschäftigen, ist immens wichtig.

Zur Person: Simon Michaelis ist 20 Jahre jung, Student der Politik- und Geschichtswissenschaften an der Universität Potsdam und hat in den letzten zwei Monaten sein studentisches Praktikum bei Stefan Zierke im Abgeordnetenbüro in Berlin gemacht.