In dieser letzten Sitzungswoche des 20. Deutschen Bundestages geht es unter Anderem um das Gedenken an den Holocaust, eine menschliche Migrationspolitik und eine klare Positionierung gegen Rechtspopulismus und -extremismus, eine Stärkung der hausärztlichen Patientenversorgung, um das Gewaltschutz für Frauen, um Mutterschutz bei Fehlgeburten, Verbesserungen für die Opfer des SED-Regimes, eine Neustrukturierung bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, eine Reihe wirtschafts- und energiepolitischer Gesetzgebungen und, um die Stärkung der Bundesbeauftragten gegen sexuellen Kindesmissbrauch.
Alle wichtigen Infos zu den Themen der Sitzungswoche finden sich im Folgenden:
#WeRemember: Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus
Wir erinnern. Nicht nur in dieser Woche, in der sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 80. Mal jährt. Denn das Gedenken an all jene, die dem lebensverachtenden Regime der Nationalsozialisten zum Opfer gefallen sind, ist nicht nur ein Blick in die Vergangenheit. Es geht dabei auch stets darum, die Lehren dieser Zeit in Gegenwart und Zukunft zu tragen. Denn #WeRemember steht für den Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus und jede Form von Intoleranz!
Wir werden niemals vergessen. Nicht die rund sechs Millionen jüdischen Opfer. Nicht die ermordeten Sinti und Roma, Homosexuellen, politisch Andersdenkenden, Kranken und Behinderten und die vielen anderen Verfolgten.
Deswegen begrüßen wir sehr, dass in dieser Woche im Bundestag eine Sonderveranstaltung stattfinden wird, um aller Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken.
Genauso wie die beiden Anträge, die wir zusammen mit anderen demokratischen Fraktionen zur Abstimmung in den Bundestag bringen werden: Einen, um die Aufarbeitung der „Euthanasie“ und der Zwangssterilisationen während der nationalsozialistischen Diktatur zu verbessern, und einen, um Antisemitismus und Israelfeindlichkeit an Schulen und Hochschulen entschlossen entgegenzutreten.
Für uns ist klar: Wir werden auch die nächsten 80 Jahre – und solange es notwendig sein wird – gegen all jene kämpfen, die meinen, dass die Lehren aus der Vergangenheit nichts in der Gegenwart zu suchen haben. Und uns allen entgegenstellen, die Hass und Hetze auf unsere Straßen, in unser Zuhause und in unsere Parlamente tragen.
Für Recht, Ordnung und Menschlichkeit
Die SPD-Bundestagsfraktion steht zum Grundrecht auf Asyl. Wir stehen für eine Migrationspolitik, die sich von Menschlichkeit leiten lässt, aber auch für Ordnung sorgt, die Schutzbedürftigen Schutz gewährt, aber irreguläre Migration begrenzt. Wir stehen für eine Politik, die auf der Grundlage des Grundgesetzes steht und europäisches Recht achtet, die umsetzbar ist und reale Verbesserungen bringt.
Die Forderungen von Unionsfraktionschef Friedrich Merz zur Schließung der Grenzen lehnen wir ab. Sie verstoßen gegen die europäischen Verträge, sie sind rechtswidrig, antieuropäisch und praxisuntauglich. In einer Zeit, in der wir mehr denn je auf ein einheitliches Europa angewiesen sind, würden sie Europa auseinandertreiben.
Die von Bundeskanzler Olaf Scholz geführte Bundesregierung hat bereits Grenzkontrollen eingeführt, die wirksam sind. Sie schöpfen die Spielräume des Grundgesetzes und des europäischen Rechts voll aus. Vor allem aber ist es im vergangenen Jahr gelungen, zwischen den EU-Mitgliedstaaten eine Reform des gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu vereinbaren – ein historischer Schritt für mehr Ordnung und Steuerung in der europäischen Flüchtlingspolitik.
Wir wollen diese Weichenstellung einer europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik zügig in nationales Recht umsetzen. Wir fordern alle demokratischen Fraktionen auf, diesen europarechtskonformen Weg mit uns einzuschlagen. Ansonsten werden unsere Nachbarländer jede weitere Kooperation verweigern. Ebenso kann die Union die Befugnisse der Bundespolizei mit uns erweitern und Teile der von der Union im Bundesrat blockierten Sicherheitsgesetze beschließen.
Herr Merz agiert impulsiv, kopflos und verantwortungslos. Wir fordern die Unionsfraktion auf, der gemeinsamen europäischen Asylpolitik und den Sicherheitsgesetzen zuzustimmen und so faktisch unsere Sicherheit zu verbessern statt die Brandmauer zur AfD einzureißen.
Stärkung der hausärztlichen Patientenversorgung
In vielen Regionen und Großstädten Deutschlands fehlt es an Ärzt:innen. So sind derzeit beispielsweise rund 5.000 Hausarztstellen unbesetzt. Um dieser sich immer weiter verschärfenden Unterversorgung zu begegnen, haben wir in dieser Woche einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Gesundheitsversorgung (GVSG) beschlossen. Um den Mangel an Hausärzt:innen zu adressieren und den Hausarztberuf attraktiver zu machen, erhalten Hausarztpraxen künftig mehr finanzielle Unabhängigkeit. Die bisher geltenden und durch die Krankenkassen vergüteten Budgets mit Obergrenzen fallen weg, so dass künftig alle Leistungen der allgemeinen hausärztlichen Versorgung vollständig vergütet werden. Zudem werden jahresbezogene Versorgungspauschalen für Hausärzt:innen eingeführt. Damit wird die Versorgung chronisch kranker Patient:innen gestärkt. Auch wird eine Pauschale eingeführt, um hausärztliche Grundstrukturen zu finanzieren. Die Reform erleichtert die Terminfindung, vermeidet überfüllte Praxen und stärkt die hausärztliche Patientenversorgung.
Darüber hinaus konnten wir uns noch auf weitere Regelungen zur Stärkung der Versorgung verständigen. Den Anspruch auf Notfallverhütungsmittel für Opfer sexueller Gewalt weiten wir ebenfalls aus – die Kosten hierfür werden künftig ohne Altersbegrenzung von der Krankenkasse erstattet. Zudem erleichtern wir die Hilfsmittelversorgung für Menschen mit Behinderung – dies macht das Leben von betroffenen Familien leichter. Auch verlängern wir die Übergangsfrist für sogenannte sonstige Produkte der Wundbehandlungen, damit diese nicht kurzfristig aus der Versorgung fallen und Patient:innen sich auf eine hochwertige und stabile Wunderversorgung verlassen können.
Das Gewalthilfegesetz kommt: Gewaltschutz für Frauen
Beinahe täglich wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet. An jedem Tag gibt es 400 Fälle geschlechtsbezogener Gewalt; das nehmen wir nicht mehr hin. Und wir lassen Frauen und Kinder nicht im Stich, denen keine Schutzplatz angeboten werden kann und die in eine Gewaltwohnung zurückkehren müssen.
Erstmals beteiligt sich der Bund mit einem Gesamtvolumen von 2,6 Milliarden Euro am weiteren Ausbau der Schutzstruktur in den Ländern und sichert damit das verfassungsgemäße Recht von Frauen auf ein Leben ohne Gewalt ab – und das mit einem Rechtsanspruch und unabhängig von sozioökonomischem Status und Herkunft. Dabei handelt es sich um einen wichtigen Baustein zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. Neben dem flächendeckenden und bedarfsgerechten Ausbau von Schutzplätzen wird nun die seit Jahren unzureichend finanzierte Beratungsstruktur abgesichert und gestärkt. Zudem geben wir erstmals den systematischen Einstieg in die Präventionsarbeit vor, insbesondere auch die Täterarbeit.
Mutterschutz bei Fehlgeburten ausweiten
In Deutschland haben Frauen, die bis zur 24. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden, bisher keinen Anspruch auf Mutterschutz. Bisher mussten sich Frauen aktiv um eine Krankschreibung bemühen, die auch versagt werden konnte. Dabei ist eine Fehlgeburt eine große psychische und körperliche Belastung. Wir wollen den Mutterschutz deshalb auf Frauen ausweiten, die ab der 13. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden. Dazu haben wir in dieser Woche einen zwischen SPD, CDU/CSU Grünen und FDP abgestimmten Gesetzentwurf beschlossen.
Damit wollen wir gestaffelte Schutzfristen bei einer Fehlgeburt einführen und so den betroffenen Frauen die Möglichkeit einer längeren Regenerationsphase geben, sofern sie dies wünschen. Die Dauer des Mutterschutzes soll bei einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche zwei Wochen betragen, ab der 17. sechs Wochen und ab der 20. acht Wochen.
Während des Mutterschutzes haben Frauen grundsätzlich Anspruch auf Mutterschaftsgeld, um ihr Einkommen zu sichern. Arbeitgeber zahlen in der Regel die Differenz zum Nettolohn. Dies gilt in den nun vorgelegten Mutterschutzfristen auch im Falle einer Fehl- bzw. Totgeburt. Die neuen Regelungen treten ab dem 1. Juni 2025 in Kraft.
Verbesserungen für die Opfer des SED-Regimes – Übergangsregelung zum Herrenberg-Urteil
Auch mehr als dreißig Jahre nach dem Mauerfall leiden viele Opfer politischer Verfolgung in der DDR noch unter den Folgen von Repressionsmaßnahmen des SED-Regimes. Haft- oder Verfolgungszeiten wirken bis heute nach, führten oft zu Brüchen in der Erwerbsbiografie und zu einer wirtschaftlich prekären Lage. Wir sind uns der oftmals lebenslang anhaltenden Leidensgeschichte der Opfer bewusst und lassen sie nicht im Stich. Wir übernehmen weiterhin Verantwortung für vergangenes staatliches Unrecht in der DDR.
Um die wirtschaftliche Lage der Betroffenen zu verbessern, sieht der Gesetzesentwurf, den wir in dieser Woche beschlossen haben, mitsamt Änderungsantrag vor, einen bundesweiten Härtefallfonds für SED-Opfer einzurichten. Dieser soll von der Stiftung für ehemalige politische Verfolgte unter der Aufsicht der Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur beim Deutschen Bundestag (SED-Opferbeauftragte) verwaltet werden. Die besondere Zuwendung für Haftopfer (Opferrente) und die Ausgleichsleistungen für beruflich Verfolgte werden dynamisiert, d.h. die Leistungshöhe wird jährlich entsprechend der allgemeinen Rentenentwicklung angepasst. Zudem wird die Haftopferrente zuvor auf 400 Euro und die für beruflich Verfolgte auf 291 Euro angehoben und damit an die Rentenentwicklung der letzten Jahre angepasst. Die Bedürftigkeitsklausel wird gestrichen und das Zweitantragsrecht bundesweit festgeschrieben.
Zudem reformieren wir das Antragsrecht für Haftopfer auf Anerkennung von gesundheitlichen Folgeschäden. Eine Anerkennung ist nun durch eine Beweislastumkehr möglich, da Betroffene in der Regel keine Möglichkeit haben, einen Zusammenhang zwischen ihren grausamen Hafterfahrungen und dem schlechten Gesundheitszustand zu belegen.
Eine einmalige Leistung von 7.500 Euro wird auch für Opfer von Zwangsaussiedlungen eingeführt und auch Zersetzungsopfer, die außerhalb des Territoriums der ehemaligen DDR von der Staatssicherheit verfolgt wurden, erhalten nun einmalig 1.500 Euro und werden endlich als Opfer des SED-Regimes anerkannt. Zudem werden Angehörige nun im Todesfall automatisch informiert, welche Hilfen ihnen zustehen.
Im Gesetz ist zudem eine Übergangsregelung zur neuen Rechtslage nach dem sogenannten Herrenberg-Urteil vom 28. Juni 2022 enthalten. In dem Urteil hat das Bundessozialgericht im Fall einer Musikschullehrerin an einer städtischen Musikschule zugunsten eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses entschieden. Selbstständige Tätigkeit von Lehrkräften und Dozent:innen ist danach nur unter sehr engen Kriterien möglich. Infolge des Urteils kommt es teilweise zu hohen Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen, was die Existenz von Musikschulen und anderen Bildungseinrichtungen gefährdet. Zudem sind Rechtsunsicherheiten entstanden. Wir wollen für alle Beteiligten eine rechtssichere Lösung, mit der auch künftig die Lehrtätigkeit in abhängiger Beschäftigung oder als selbständige Tätigkeit möglich ist. Um die Aufrechterhaltung eines umfassenden Bildungsangebots nicht zu gefährden, führen wir daher eine Übergangsregelung ein: Sind sich beide Vertragsparteien einig, dass es sich um eine selbständige Tätigkeit handelt, besteht die Versicherungs- und Beitragspflicht erst ab dem 1. Januar 2027. Voraussetzung hierfür ist, dass die Beschäftigten zustimmen. Durch diese Regelung haben die betroffenen Einrichtungen ausreichend Zeit, um ihre Organisations- und Geschäftsmodelle umzustellen, um auch künftig rechtssicher sowohl Selbständige als auch Beschäftigte einsetzen zu können.
DDR Doping-Opfer anerkennen
Doping fand in der DDR systematisch statt. Ab 1974 wurde mit dem „Staatsplan 14.25“ sogar ein staatlich kontrolliertes Dopingprogramm etabliert, durch das bis 1989 in mindestens zwölf Sportarten etwa 10.000 Athlet:innen systematisch bevorzugt mit Anabolika gedopt wurden. Nicht nur Erwachsene, sondern insbesondere auch minderjährige Sportler:innen wurden gedopt, was häufig langfristige Gesundheitsschäden zur Folge hatte. Seit der Wiedervereinigung wurde umfassend zum Zwangsdoping und seinen Folgen für die Betroffenen geforscht. Die Opfer erhalten Beratung u.a. durch die Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur beim Deutschen Bundestag.
Die Opfer von Staatsdoping waren Opfer von staatlichem Unrecht und sind als Opfergruppe der SED-Diktatur anzuerkennen. Das ist eine der Forderungen eines Antrags der SPD, Grünen, CDU/CSU und FDP, der in dieser Woche im Plenum beraten wurde. Der Antrag fordert die Bundesregierung auf, eine gesetzliche Entschädigungsregelung zu prüfen und dann ggf. eine entsprechende Entschädigung gesetzlich umzusetzen. Weiter würdigt er die Arbeit der Beauftragten und unterstützt neue Forschungsansätze.
Stiftung Preußischer Kulturbesitz auf die Höhe der Zeit bringen
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) ist die größte Kultureinrichtung Deutschlands und eine der bedeutendsten der Welt. Zur ihr gehören 25 Museen, Bibliotheken, Archive und Forschungsinstitute, darunter die Museumsinsel oder die Staatsbibliothek zu Berlin. Ihr großes Potenzial schöpft sie allerdings nicht aus, auch ihr Bekanntheitsgrad entspricht nicht ihren herausragenden Sammlungen, Kunst- und Kulturschätzen. Um dies zu ändern und die SPK zeitgemäßer, schlanker und flexibler zu machen, wurde ein umfassender, jahrelanger Reformprozess aufgesetzt. Mit Erfolg: Ein neues Stiftungsgesetz, das wir in dieser Woche beschlossen haben, soll das bisherige aus dem Jahre 1957 ablösen. Damit wird die Stiftung neu aufgestellt und komplizierte und nicht effiziente Strukturen aufgelöst. Die Reform der Stiftung wird als ein umfassender und anhaltender Prozess verstanden, deshalb macht das Stiftungsgesetz der SPK wenig Vorgaben für die innere Struktur und lässt ihr den nötigen Freiraum für eine erfolgreiche Weiterentwicklung.
Die Stiftung kann künftig ihre Mittel eigenverantwortlicher und flexibler verwenden. Auch der Stiftungszweck wurde modernisiert und umfasst nun die vielfältigen Tätigkeiten und Aufgaben der Stiftung. Organisatorisch wurde die Struktur effizienter gemacht: Künftig liegt die Leitung der Stiftung bei einem kollegialen Vorstand aus bis zu sieben Personen und nicht mehr bei dem/der Präsident:in. So werden die einzelnen Einrichtungen besser einbezogen. Die Personalstruktur wird an die Anforderungen einer modernen Kultureinrichtung angepasst: Herausgehobene Führungspositionen sollen künftig zeitlich befristet besetzt werden und Verbeamtungen die Ausnahme sein. Dies soll Innovationskraft fördern und verhindert, dass verkrustete Strukturen entstehen. Im parlamentarischen Prozess wurde vereinbart, dass vier Mitglieder des Bundestags zu Informations- und Transparenzwecken in den Stiftungsrat entsandt werden, der dennoch von 20 auf 13 Personen verkleinert wird, was eine schnellere und effizientere Entscheidungsfindung ermöglicht. Der Name der Stiftung soll als Markenzeichen bestehen bleiben. Zudem soll es die Möglichkeit geben, weitere Zustiftungen in die SPK aufzunehmen.
Jahreswirtschaftsbericht 2025
Der Bundestag hat in dieser Woche erstmals den Jahreswirtschaftsbericht 2025 beraten, mit dem die Bundesregierung einen Blick auf die wesentlichen Kennzahlen der wirtschaftlichen Entwicklung wirft. Unter dem Titel „Für eine neue wirtschaftliche Dynamik“ stellt der Bericht fest, dass die Lage weiterhin herausfordernd bleibt – die Folgen der Krisen sind nach wie vor spürbar. Dies betrifft vor allem die Auswirkungen auf unsere Energieversorgung durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Mit umfangreichen Maßnahmen hat die Bundesregierung die Energieversorgung gesichert und Preissteigerungen mit den Energiepreisbremsen, Soforthilfen und Einmalmalzahlungen abgefedert. So sind beispielsweise die Strompreise bei Neuabschlüssen in der Industrie zuletzt unter das Niveau der Jahre 2017 bis 2020 gesunken. Das sorgt für Stabilität und ist wichtig für den Erhalt des Industriestandortes Deutschland.
Der Bericht legt außerdem dar, dass die Inflation zurückgeht und die Realeinkommen wieder steigen – Anzeichen dafür, dass im Jahresverlauf mit einem Anspringen der Binnenkonjunktur gerechnet werden kann. Trotz der konjunkturellen Schwäche waren zuletzt so viele Menschen wie nie zuvor beschäftigt, nämlich im Durchschnitt des vergangenen Jahres rund 46 Millionen Personen. Auch 2025 bleibt die Erwerbstätigkeit voraussichtlich stabil, die Arbeitslosigkeit dürfte dagegen leicht ansteigen, so der Bericht der Bundesregierung. Deutschland weist dabei trotz der schwierigen konjunkturellen Lage im EU-Vergleich weiterhin eine sehr geringe Arbeitslosigkeit auf – auch dank der erfolgreichen Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung.
Die Sicherung des Arbeitsangebots bleibt vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und des Fach- und Arbeitskräftemangels weiter zentral. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz und dem Jobturbo hat die Bundesregierung die Bedingungen für die Fachkräfteeinwanderung erheblich verbessert. Auch der Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten leistet hier einen wichtigen Beitrag, so der Bericht.
Im Jahreswirtschaftsbericht hält die Bundesregierung fest, dass die Herausforderungen der Wirtschaft weiter strukturelle Reformen erfordern. Beim Bürokratieabbau und bei der Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung sind bereits Erfolge vorzuweisen und neue Dynamiken beispielsweise im Bereich des Ausbaus der erneuerbaren Energien entstanden. Deshalb müssen die Reformen konsequent fortgesetzt werden. Außerdem braucht es verlässliche Rahmenbedingungen, eine weitere Erhöhung öffentlicher Investitionen und zusätzliche Investitionsanreize wie wir es mit dem Deutschlandfonds und dem „Made in Germany Bonus“ erreichen wollen. All das schafft Vertrauen in unseren Standort. Bereits zum vierten Mal nennt der Bericht nachhaltige Indikatoren über das Bruttoinlands-produkt hinaus, um so ein umfassenderes Bild der Wohlfahrt in Deutschland zu vermitteln.
Entschlossen gegen Antisemitismus an Schulen und Hochschulen
In einem gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU, der in dieser Woche beraten wurde, positionieren wir uns in aller Deutlichkeit: Antisemitismus und Israelfeindlichkeit dürfen keinen Platz an deutschen Schulen und Hochschulen haben. Wir setzen uns dafür ein, dass Jüd:innen ohne Angst und Diskriminierung leben, lernen und lehren können.
Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem folgenden Krieg im Gazastreifen ist der Nahostkonflikt auch an Schulen und Hochschulen noch stärker ins Zentrum gerückt. Die Zahl antisemitischer Anfeindungen und Bedrohungen ist gestiegen. 2023 verzeichnete der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) 4.782 antisemitische Vorfälle, davon waren 471 Vorfälle an Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen.
In dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel, die Antisemitismusforschung weiter zu stärken. Bilaterale Forschungskooperationen sollen vertieft und Erkenntnisse aus der Antisemitismusforschung in die Praxis umgesetzt werden – etwa durch Leitfäden und Fortbildungsangebote für Lehrkräfte und für Mit-glieder der Schulleitungsebene.
Schulen und Hochschulen werden darin bestärkt, ihre rechtlichen Möglichkeiten gegen Antisemitismus vollständig auszuschöpfen. Dazu gehören die konsequente Anwendung des Hausrechts, der temporäre Ausschluss vom Unterricht oder Studium bis hin zur Exmatrikulation in besonders schweren Fällen. Weiterhin bekräftigt der Antrag die vom Grundgesetz geschützte Wissenschaftsfreiheit und den Grundsatz, dass Förderentscheidungen des Bundes allein nach wissenschaftsgeleiteten Verfahren getroffen werden.
Mit Erzeugungsüberschüssen im Stromnetz besser umgehen
Immer mehr Strom wird durch erneuerbare Energien produziert. Dies führt immer wieder zu Erzeugungsüberschüssen – also Situationen, in denen zu viel Strom aus Wind und Sonne in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Diese Phasen könnten in Zukunft gehäuft und verschärft auftreten.
Um solche Entwicklungen künftig besser handhaben zu können und das Stromnetz in Deutschland sicherer und flexibler zu gestalten, haben die Fraktionen von SPD und Grünen einen Gesetzentwurf zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) in den Bundestag eingebracht, der in dieser Woche abgeschlossen wurde.
Damit soll für Zeiten negativer Preise die EEG-Förderung ausgesetzt und der Vergütungszeitraum von EE-Anlagen nach Ablauf der 20-jährigen Förderdauer um die nicht förderfähigen Zeiten verlängert werden. Zudem wird die Direktvermarktung – also der Verkauf von selbst erzeugtem Strom direkt an der Strombörse – entbürokratisiert. Auch die Vermarktung kleinerer Anlagen durch Übertragungsnetzbetreiber wird reformiert. Des Weiteren werden die Möglichkeiten zur ferngesteuerten Regelung von Anlagen verbessert sowie Digitalisierung und Cybersicherheit gestärkt. Mit der Verlängerung einer Übergangsregelung verhindern wir außerdem den kurzfristigen Abbau vieler E-Ladesäulen.
Förderung von Biogasanlagen sicherstellen
Biomasse wie Gülle oder Energiepflanzen können in Biogasanlagen verarbeitet werden, um Strom und Wärme zu erzeugen. Zwischen 2004 und 2011 wurden solche Anlagen in Deutschland massiv gefördert und gebaut. Für viele dieser Anlagen endet allerdings nun schrittweise die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bestehende 20jährige Förderung. Um die Förderung dieser Anlagen aber auch in Zukunft sicherzustellen, haben die Fraktionen von SPD und Grünen einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, den wir in dieser Woche beschlossen haben.
Bisher wurde die Förderung auf die jährliche Bemessungsleistung – also die elektrische Leistung, die eine Biogasanlage im Jahresdurchschnitt erbringt – gezahlt. Künftig orientiert sich die Förderung an der Strommenge, die in einer bestimmten Anzahl an Betriebsstunden in einem Jahr produziert wird. Bei negativen und schwach positiven Preisen findet keine Förderung mehr statt. Zudem wird der bereits bestehende Flexibilitätszuschlag von 65 Euro pro Kilowatt auf 100 Euro pro Kilowatt angehoben. All dies dient dazu, eine möglichst flexible Stromeinspeisung anzureizen, die möglichst dann stattfinden soll, wenn wenig von den fluktuierenden Energieträgern Wind und Sonne eingespeist wird.
Um Anlagenbetreibern mehr Planungssicherheit zu geben, wird bis Ende 2027 ein neues Zuschlagsverfahren auf die Beine gestellt. Damit werden künftig vor allem solche Anlagen gefördert, die nahegelegene Gebäude mit Wärme versorgen. Zudem werden die Ausschreibungsmengen – insbesondere für 2025 und 2026 – angehoben. Läuft die 20jährige EEG-Förderung aus, können Anlagenbetreiber eine Anschlussförderung beantragen. Diese galt bisher für zehn Jahre. Künftig wird sie zwölf Jahre gezahlt. In den Verhandlungen ist es uns gelungen, die Ausschreibungsvolumina und die Bagatellgrenze anzuheben, sowie die Übergangsfristen zu verlängern.
Stärkung der Bundesbeauftragten gegen sexuellen Kindesmissbrauch
Laut Polizeilicher Kriminalstatistik gab es 2023 hierzulande 16.375 Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern, ein deutlicher Anstieg gegenüber 2022 (15.520 Fälle). Studien gehen davon aus, dass die Dunkelziffer der nicht erfassten Fälle um ein Vielfaches größer ist. Vor diesem Hintergrund will die Bundesregierung die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) stärken – seit April 2022 übt Kerstin Claus diese Funktion aus. Insbesondere sollen Strukturen verbessert, eine Berichtspflicht eingeführt, individuelle Aufarbeitung unterstützt und Prävention gestärkt werden.
Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf sieht vor, die Strukturen der UBSKM gesetzlich zu verankern, also den dazugehörigen Arbeitsstab, den dort angesiedelten Betroffenenrat und die Unabhängige Aufarbeitungskommission. Eine regelmäßige Berichtspflicht an den Deutschen Bundestag wird eingeführt: Ein wiederkehrender Lagebericht zum Ausmaß sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche (on- und offline) soll identifizieren, wo mehr Prävention, Intervention und Hilfen nötig sind, sowie Lücken in Forschung und Aufarbeitung bestehen. Um Betroffene besser zu unterstützen, soll das Telefon- und Onlineberatungsangebot finanziell abgesichert werden. Zudem soll die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen in gesellschaftlichen Gruppen wie Sportvereinen, Kirchen und der Jugendarbeit begleitet und gefördert werden. Betroffene sollen künftig Zugang zu und Einsicht in Akten erhalten.
Außerdem erhält die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die im neuen Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) aufgeht, künftig einen gesetzlichen Auftrag zur allgemeinen Aufklärung, Sensibilisierung und Qualifizierung in Bezug auf Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Schutzkonzepte sollen ausgeweitet sowie Qualitätsentwicklung und -sicherung zum Gewaltschutz künftig für alle Aufgabenbereiche der Kinder- und Jugendhilfe gelten. Der Gesetzentwurf wurde in dieser Woche beschlossen.