In dieser Sitzungswoche des Deutschen Bundestages geht es unter Anderem um die Potentiale von Geothermie, die Notfallversorgung in Deutschland, um den Schutz des Bundesverfassungsgerichts und von denen, die uns jeden Tag schützen, um schnellen Wohnungsausbau sowie Netzausbau und, um den Bericht des Ostbeauftragten der Bundesregierung.
Alle wichtigen Infos zu den Themen der Sitzungswoche finden sich im Folgenden:
Potenziale von geothermie ausschöpfen
Um die Potenziale der Geothermie – also die Nutzung der in der Erdkruste gespeicherten Wärmeenergie – in Deutschland voll auszuschöpfen, will die Bundesregierung Genehmigungsverfahren für Geothermieanlagen, Wärmepumpen und -speichern beschleunigen. Dazu wurde in dieser Sitzungswoche ein Gesetzentwurf eingebracht. Laut Entwurf stehen Anlagen zur Gewinnung von Geothermie, Wärmepumpen sowie Wärmespeicher künftig im überragenden öffentlichen Interesse, was ihre Stellung bei Abwägungsentscheidungen gegenüber anderen Belangen stärkt.
Bergbau-Unternehmen müssen im Rahmen der Betriebsplanpflicht alle zwei Jahre sogenannte Betriebspläne – eine Art Plan zum regelkonformen Bergbau – vorlegen und von den Behörden genehmigen lassen. Da sich solche Genehmigungen in der Vergangenheit teilweise zu lange hingezogen haben, werden im Bergrecht Höchstfristen geschaffen. Künftig muss eine Behördengenehmigung bei Tiefengeothermie-Projekten, also Bohrungen von bis zu fünf Kilometern Tiefe, innerhalb eines Jahres, bei kleineren Projekten wie Wärmepumpen, die Geothermie nutzen, innerhalb von drei Monaten vorliegen. Zudem werden Ausnahmen von der Betriebsplanpflicht ausgeweitet. Bisher galten sie nur für kleinere Projekte. Betriebspläne können künftig auch länger als für zwei Jahre aufgestellt werden. Um die Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, wird die Einreichung sowie die Prüfung auf Vollständigkeit von Unterlagen weiter digitalisiert. Auch Privathaushalte profitieren von der Reform. Bei kleinen Grundwasserwärmepumpen oder Erdwärmekollektoren werden sie von der Pflicht zur Einholung einer wasserrechtlichen Erlaubnis befreit.
Der Entwurf adressiert überdies die Dauer von gerichtlichen Verfahren. Künftig sollen sämtliche Streitigkeiten erstinstanzlich gelöst werden, also in einem einzigen Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht. Ziel dieser Maßnahmen ist, Bürokratie abzubauen und Rechtssicherheit für Anlagenbetreiber und Behörden zu schaffen.
Akut- und Notfälle effizienter versorgen
In medizinischen Notfällen ist schnelle Hilfe entscheidend. Grundsätzlich verfügt Deutschland über eine funktionierende Akut- und Notfallversorgung sowie über ein gut aufgestelltes Rettungswesen. Dennoch könnten die einzelnen Stellen besser vernetzt und die Patientensteuerung effizienter sein. Das ist das Ziel des Gesetzentwurfs zur Reform der Notfallversorgung, der in 1. Lesung beraten wurde.
In Krankenhäusern sind Notaufnahmen oft überlastet, weil sie auch Hilfesuchende mit akuten Beschwerden versorgen, die kein Notfall sind. In vielen Fällen wäre diesen Personen durch ein Arztgespräch, die Einnahme von Medikamenten oder die Vermittlung eines Praxistermins geholfen. Der Entwurf sieht vor, künftig sogenannte „Integrierte Notfallzentren“ (INZ) an Kliniken einzurichten, die über solche Fälle entscheiden und Hilfe anbieten. Hilfesuchende sollen dort außerhalb der Sprechzeiten von Arztpraxen – also etwa abends, am Wochenende oder an Feiertagen – eine medizinische Erstversorgung, Medikamente oder eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten. Für Kinder und Jugendliche wird es spezielle Zentren an ausgewählten Orten geben. Dadurch werden die Notaufnahmen deutlich entlastet, was mehr Zeit und Kapazitäten für lebensbedrohliche Notfälle bedeutet.
Bevor ein Integriertes Notfallzentrum aufgesucht wird, sollen sich Patient:innen telefonisch vom bereits bestehenden Patientenservice unter der Rufnummer 116117 beraten lassen. Diese Nummer gilt bundesweit, ist rund um die Uhr erreichbar und bietet Beratung per Tele-fon oder Video bei Beschwerden, die keinen Notfall darstellen (hierfür ist der Notruf unter 112 vorgesehen). Über den Patientenservice werden auch Hausarzt- und bestimmte Facharzttermine vermittelt.
Der Gesetzentwurf sieht vor, Patientenservice und Notruf digital zu vernetzen, um Akut- und Notfälle besser zu koordinieren und wechselseitig übermitteln zu können. Zudem sollen Beratung und Terminvermittlung beim Patientenservice künftig getrennt werden, damit mehr Kapazitäten für ärztliche Beratung zur Verfügung stehen.
Bundesverfassungsgericht schützen
Das Bundesverfassungsgericht ist für unseren Rechtsstaat als Garant der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unverzichtbar geworden. Mit einem fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf wollen wir die Handlungsfähigkeit des höchsten Gerichts im Grundgesetz absichern und es damit gegen Angriffe antidemokratischer und illiberaler Kräfte, wie sie in Polen oder Ungarn schon erfolgt sind, absichern. Den Entwurf haben wir in 1. Lesung beraten.
Wir wollen die grundlegenden Strukturen des Bundesverfassungsgerichts, die bislang nur einfachgesetzlich geregelt sind, in das Grundgesetz aufnehmen, damit diese nur mit Zweidrittelmehrheit abgeändert werden können. Dabei handelt es sich um den Status des Gerichts, die Amtszeit der Richter:innen (12 Jahre) und ihre Altersgrenze (68 Jahre), den Aufbau mit zwei Senaten mit je acht Richter:innen, Ausschluss der Wiederwahl nach 12 Amtsjahren, die Fortführung der Amtsgeschäfte bis zur Wahl der Nachfolge, die Bindungswirkung der Entscheidungen des Gerichts und die Geschäftsordnungsautonomie.
Darüber hinaus schaffen wir im Grundgesetz eine Öffnungsklausel für den Fall, dass bei der Wahl in einem Wahlgremium (Bundestag bzw. Bundesrat) keine Mehrheit für eine:n Kandidat:in zustande kommt. Wir regeln in einem Gesetz, dass das Wahlrecht im Falle einer Blockade in einem Wahlorgan nach einer bestimmten Frist vom anderen Wahlorgan ausgeübt werden kann.
Deutschlandtempo für den Wohnungsbau
Gerade in Großstädten gibt es nach wie vor zu wenig Wohnungen, auch die Bautätigkeit ist weiterhin gedämpft. Das wollen wir ändern und reformieren deshalb das Baugesetzbuch (BauGB), damit schneller und mehr geplant und gebaut werden kann. Planen, Genehmigen und Bauen werden bürokratieärmer, digitaler und moderner. Wir beraten den Gesetzentwurf der Bundesregierung in dieser Woche in 1. Lesung.
Städte und Gemeinden können dann – wo nötig und möglich – von Bebauungsplänen abweichen, nachverdichten, Gebäude aufstocken oder Flächen für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ausweisen. Dafür führen wir eine bauplanungsrechtliche Generalklausel ein. Prozesse werden schneller, da die Gemeinden Pläne im Regelfall innerhalb von zwölf Monaten nach Ende der Beteiligungsverfahren veröffentlichen sollen. Auch der Umweltbericht soll künftig kürzer ausfallen und veraltete Bebauungspläne schneller aktualisiert werden. Auch das Bauleitplanverfahren wird weiter digitalisiert. All das spart Zeit und Kosten. Von der Novelle profitieren sowohl kommunale Planungs- und Genehmigungsbehörden, bauwillige Private und Investoren und Bürger:innen. Zudem sorgen wir dafür, dass beim modernen Bauen die Anpassung an die Folgen des Klimawandels noch stärker mitgedacht wird. Damit stärken wir die Resilienz unserer Städte und Gemeinden. Die Reform unterstützt Kommunen bei der Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels, um besser auf steigende Hitzebelastung sowie Hochwasser- und Starkregenereignisse reagieren zu können. Kommunen können dann zum Beispiel die Anlage eines Gründachs bei der Erteilung des Baurechts anordnen.
Ostbeauftragter der Bundesregierung legt Bericht vor
Unter dem Titel „Ost und West. Frei, vereint und unvollkommen.“ greift der diesjährige Bericht des Ostbeauftragten der Bundesregierung aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen in Ostdeutschland auf und geht auch darauf ein, wie Ost- und Westdeutsche 34 Jahre nach der Wiedereinigung auf die Deutsche Einheit blicken. Im ersten Teil des Berichts kommen 20 Gastautor:innen zu Wort und werfen einen individuellen Blick auf Ost- und Westdeutschland. Der zweite Teil des Berichts beleuchtet die Vorhaben der Bundesregierung mit Blick auf die Herausforderungen in Ostdeutschland. Dabei geht es insbesondere um die Rolle des neu geschaffenen „Zukunftszentrums für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ in Halle, die Ansiedlung zahlreicher Großkonzerne im Osten sowie die Situation in den ehemaligen Kohlenregionen in der Lausitz.
Auch die Unterrepräsentation von Ostdeutschen in Führungspositionen ist ein Thema und wird im dritten Teil des Berichts, im sogenannten „Elitensurvey 2023“ aufgegriffen. Dabei geht es um die Frage, ob und wie die Eliten in ganz Deutschland diese Unterrepräsentation wahrnehmen und bewerten. Im Ergebnis stimmt eine große Mehrheit der ost- und westdeutschen Eliten zu, dass Stimmen Ostdeutscher mehr gehört werden und in öffentlichen Diskussionen eine größere Rolle spielen sollten. Maßnahmen wie eine Quote für Ostdeutsche werden allerdings abgelehnt – auch und gerade von Ostdeutschen.
Im abschließenden vierten Teil des Berichts wurden im Rahmen des sogenannten „Deutsch-land-Monitors 2024“ ost- und westdeutsche Personen zu zentralen Vorstellungen, Werten und Einstellungen mit Blick auf die Gesellschaft befragt. Eine große Mehrheit der Bevölkerung befürwortet demokratische Grundrechte und freiheitliche Grundwerte. Bei Themen wie der Transformation, Europa oder Migration sind Ostdeutsche jedoch deutlich skeptischer ein-gestellt. Auch sehen Ostdeutsche deutlich mehr Defizite bei der Presse- und Meinungsfreiheit in Deutschland.
Wir schützen die, die uns schützen
Wer als Rettungskraft, Polizist:in oder ehrenamtlich in einer Partei oder einem Verein für unsere Gesellschaft arbeitet und eintritt, verdient nicht nur unseren Respekt, sondern auch unseren Schutz. Politisch motivierte Straftaten wie Hass, Hetze und Gewalt gegen Amts- und Mandatsträger:innen nehmen leider deutlich zu, genauso wie Angriffe auf Wahlkämpfende oder auf Einsatzkräfte – immer öfter werden Menschen wegen ihres Einsatzes für die Gesellschaft angegriffen. Neben den psychischen und physischen Folgen für die Opfer erschüttern diese Angriffe den gesellschaftlichen Zusammenhalt und führen dazu, dass Menschen sich zunehmend nicht mehr engagieren wollen.
Deshalb wollen wir das Strafgesetzbuch so anpassen, dass Angriffe auf Polizist:innen und Vollstreckungsbeamte, auf Hilfeleistende bei der Feuerwehr, dem Katastrophenschutz oder den Rettungsdiensten schärfer bestraft werden. Zudem sollen diejenigen geschützt werden, die sich in der Kinder- und Jugendarbeit oder in der Flüchtlingshilfe, in der Vereinsarbeit oder parteipolitisch engagieren oder als Journalist:innen oder Ärzt:innen arbeiten. Und auch für kommunale Amts- und Mandatsträger:innen und Berufspolitiker:innen soll die Anpassung gelten. Klargestellt wird, dass die Strafe schärfer ausfällt, wenn die Tat eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit beeinträchtigt. Damit stärken wir denjenigen den Rücken, die für die Gesellschaft tätig sind, und sensibilisieren darüber hinaus die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte. Außerdem soll ein hinterlistiger Überfall als besonders schwerer Fall des Wider-stands gegen Vollstreckungsbeamt:innen gelten, der mit einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten bestraft wird. Auch werden wir – wie bereits jetzt schon Mitglieder von Verfassungsorganen – künftig auch Amts -und Mandatsträger:innen auf europäischer und kommunaler Ebene besser vor Nötigung schützen.
Netzausbau beschleunigen – Gigabitstrategie umsetzen
Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, der jetzt in 1. Lesung beraten wurde, ist es, den Ausbau von Telekommunikationsnetzen durch verbesserte Rahmenbedingungen zu beschleunigen. Mit dem Entwurf werden zentrale Maßnahmen der Gigabitstrategie der Bundesregierung von 2022 umgesetzt, die vorsieht, dass Glasfaseranschlüsse bis ins Haus und der neueste Mobilfunkstandard flächendeckend bis 2030 verfügbar sind. Eine zentrale Regelung des Gesetzentwurfs sieht vor, dass die Verlegung und Änderung von Telekommunikationsnetzen künftig so definiert werden kann, dass sie im überragenden öffentlichen Interesse liegt. Dies soll im Rahmen von Genehmigungsverfahren dem Netzausbau bei der Abwägung zwischen verschiedenen Rechtsgütern eine höhere Gewichtung geben und Ausbauprojekte beschleunigen. Gleichzeitig sollen die Belange des Naturschutzes ausreichend gewahrt bleiben. Die Bundesregierung hatte hierzu einen Kompromiss erarbeitet, den wir im parlamentarischen Verfahren prüfen werden.
Ein sogenanntes Gigabit-Grundbuch wird als einheitliches Informationsportal geschaffen und soll alle erforderlichen Daten für den Netzausbau gebündelt zur Verfügung stellen. Zudem sollen Genehmigungsverfahren durch kürzere Fristen beschleunigt werden. Durch die Konkretisierung von „geringfügigen baulichen Maßnahmen“ (unter 100 Meter Grabenlänge und bis zu 80 Quadratmeter Fläche) sollen weitere Beschleunigungspotenziale aktiviert werden. Öffentliche Gebäude können künftig genutzt werden, um Mobilfunksendeanlagen zu errichten. Eisenbahnunternehmen können zudem von der Bundesnetzagentur zur Mitwirkung in Gleisnähe verpflichtet werden, um unterbrechungsfreie Mobilfunkversorgung zu ermöglichen. Hinsichtlich des Kundenschutzes sieht der Gesetzentwurf eine Verbesserung vor, indem Verbraucher:innen künftig bei der Feststellung einer Minderleistung pauschal mindestes 10 Prozent des Entgeltes mindern können. Nach Auswertung der öffentlichen Anhörung werden wir die Regelungsvorschläge im parlamentarischen Verfahren sorgfältig überprüfen.