Neues aus dem Bundestag

Datum:

In der vergangenen Sitzungswoche des Bundestages standen mit der (wieder-)eingeführten Meisterpflicht, der Reform des Aufstiegs-Bafög und der Entlastung von Menschen, die eine Betriebsrente besitzen, zentrale Themen für ein solidarisches Land auf der Tagesordnung.

 

Alle Informationen zu den wichtigsten Vorhaben der letzten Woche finden Sie im Folgenden:

KOALITION ENTLASTET BETRIEBSRENTNERINNEN UND -RENTNER

Der Bundestag hat am Donnerstag eine Entlastung von Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentnern bei den Krankenkassenbeiträgen beschlossen: Sie werden um insgesamt 1,2 Milliarden Euro jährlich gestärkt. Mindestens 60 Prozent der Betriebsrentnerinnen und -rentner zahlen von 2020 an de facto maximal den halben Beitragssatz, die weiteren 40 Prozent werden spürbar entlastet.

Erreicht wird das durch einen dynamisierten Freibetrag in Höhe von 159,25 Euro ab 2020 in der gesetzlichen Krankenversicherung für alle Betriebsrenten. Der Freibetrag wird in Zukunft automatisch in Höhe der Durchschnittseinkommen steigen. Für jede Betriebsrentnerin und jeden Betriebsrentner gibt es also rund 300 Euro Entlastung im Jahr. Die Regelung gilt auch für Einmalzahlungen, zum Beispiel aus Direktversicherungen.

Im parlamentarischen Verfahren haben die Abgeordneten zudem beschlossen, dass Betriebsrentner für die Entlastungen keinen Antrag oder dergleichen stellen müssen. Es geht alles automatisch. Und wenn die Zahlstelle nicht gleich zum 1. Januar startbereit ist, wird der fehlende Betrag automatisch nachgezahlt.

Wer wird entlastet?

Entlastet werden alle Empfänger von Betriebsrenten, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, sowie Empfänger von Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte. Bei den Beiträgen für die Pflegeversicherung ändert sich nichts.

Wie funktioniert die Entlastung?

Bisher gibt es eine Freigrenze für Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen, die an die Entwicklung der Durchschnittseinkommen gekoppelt ist. Wessen Betriebsrente unterhalb der Freigrenze liegt, der muss keinen Beitrag bezahlen. Wer darüber liegt, muss seine gesamte Betriebsrente verbeitragen. Im Jahr 2019 liegt die Freigrenze bei 155,75 Euro, im Jahr 2020 liegt sie bei 159,25 Euro.

Diese Freigrenze wird durch einen Freibetrag ergänzt. Wessen Betriebsrente geringer ist, der zahlt auch in Zukunft keinen Krankenversicherungsbeitrag. Wessen Betriebsrente höher ist, für den bleibt dieser Freibetrag in Zukunft beitragsfrei, d. h. nur der Betrag, der oberhalb des Freibetrages liegt, muss verbeitragt werden. Auch der Freibetrag wird in Zukunft im selben Maße angepasst, wie die Durchschnittseinkommen sich verändern.

Beispiel 1: Betriebsrente in Höhe von 160 Euro im Monat

Altes Recht mit Freigrenze in Höhe von 159,25 Euro. Es müssen 160 Euro verbeitragt werden. Bei einem Beitragssatz von 15,5 Prozent sind das 24,80 Euro. Der Auszahlbetrag würde durch den Krankenversicherungsbeitrag also auf 135,20 Euro vermindert. Neues Recht mit Freibetrag in Höhe von 159,25 Euro. Es müssen 0,75 Euro verbeitragt werden (160 bis 159,25). Bei einem Beitragssatz von 15,5 Prozent sind das 0,12 Euro. Der Auszahlbetrag wird durch den Krankenversicherungsbeitrag also auf 159,88 Euro vermindert.

Beispiel 2: Betriebsrente in Höhe von 400 Euro im Monat

Altes Recht mit Freigrenze in Höhe von 159,25 Euro. Es müssen 400 Euro verbeitragt werden. Bei einem Beitragssatz von 15,5 Prozent sind das 62,00 Euro. Der Auszahlbetrag wird durch den Krankenversicherungsbeitrag also auf 338,00 Euro vermindert. Neues Recht mit Freibetrag in Höhe von 159,25 Euro. Es müssen 240,75 Euro verbeitragt werden (400 bis 159,25). Bei einem Beitragssatz von 15,5 Prozent sind das 37,32 Euro. Der Auszahlbetrag wird durch den Krankenversicherungsbeitrag also auf 362,68 Euro vermindert.

Wie hoch ist die Entlastung bei einer monatlichen Rente?

Wer eine Betriebsrente von mehr als 159,25 Euro im Monat bekommt, der wird um rund 25 Euro entlastet. Das entspricht dem Beitrag, der bisher für den Freibetrag bezahlt werden musste. Also 24,68 Euro bei einem Krankenversicherungsbeitrag von 15,5 Prozent für den Freibetrag in Höhe von 159,25 Euro. Da jeder diese Entlastung bekommt, ist das auch unabhängig von der Höhe der Betriebsrente. Also: Rund 300 Euro Entlastung im Jahr, egal ob die Betriebsrente 200 Euro im Monat oder 2000 Euro im Monat beträgt.

Wie hoch ist die Entlastung bei einer Einmalauszahlung?

Betriebsrenten können auch, je nach Vertragsgestaltung, statt in monatlichen Beträgen in einem Einmalbetrag ausgezahlt werden. Bei Einmalauszahlungen wird der Krankenversicherungsbeitrag berechnet, indem der Auszahlungsbetrag rechnerisch auf 120 Monate, bzw. zehn Jahre verteilt wird. Bei einem Auszahlungsbetrag von 120.000 Euro ergibt sich rechnerisch eine monatliche Rente von 1000 Euro. Daraus wird der Krankenversicherungsbeitrag errechnet. Die Entlastung beträgt deshalb auch hier 300
Euro pro Jahr bzw. insgesamt knapp 3.000 Euro. Auch hier ist es egal, wie hoch der Auszahlungsbetrag ist. Auch Betriebsrentner die ihre Einmalauszahlung bereits erhalten haben, profitieren für den Restlaufzeit ihrer Beitragspflicht von dem neuen Freibetrag.

Signal für die betriebliche Altersversorgung

Es wird keine rückwirkende Lösung für bereits gezahlte Beiträge geben. Das ist angesichts des erforderlichen Finanzvolumens nicht möglich und stand auch – ehrlicherweise – nicht zur Diskussion. Dafür soll der Freibetrag ab 1.1.2020 auch für diejenigen gelten, die bereits in der Auszahlungsphase sind. Das ist insgesamt ein deutliches Signal für die Stärkung der betrieblichen Altersversorgung.

KOALITION REFORMIERT DAS AUFSTIEGS-BAFÖG

Der Bundestag hat am Freitag in erster Lesung den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes debattiert.

Mit dem Gesetzentwurf macht die Koalition einen wichtigen Schritt, um die berufliche Weiterbildung noch attraktiver zu gestalten und die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung voranzubringen.

Höhere Zuschüsse zu Prüfungs- und Lehrgangskosten, geringere Gebühren für bestandene Prüfungen und die komplette Übernahme der Unterhaltskosten während einer Vollzeitmaßnahme erleichtern künftig die Entscheidung, eine Aufstiegsfortbildung aufzunehmen.

Die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Weiterbildung rückt mit der Reform in den Vordergrund und stellt die Aufstiegschancen vieler Berufstätiger sehr viel besser. Das fordert die SPD- Bundestagsfraktion schon lange!

Besonders der im Gesetzentwurf vorgesehene Vollzuschuss ist wichtig, da er Frauen hilft, die häufiger eine Aufstiegsfortbildung in Vollzeit absolvieren. Das gilt besonders für die sozialen Berufe, wie dem staatlich anerkannten Erzieher, der auf dem ersten Platz der geförderten Berufe durch das Aufstiegs-Bafög steht.

Auch die Erhöhung des Kinderzuschlags ist richtig und erleichtert die Vereinbarkeit von Familie und Aufstiegsfortbildung. Hier hat die SPD-Bundestagsfraktion starke Akzente gesetzt. Das Gesetz soll zum 1. August 2020 in Kraft treten.

KOALITION FÜHRT MEISTERPFLICHT WIEDER EIN

Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag abschließend einen von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Entwurf zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften beraten.

Die Koalition hatte sich zuvor darauf geeinigt, die 2004 erfolgte Abschaffung der Meisterpflicht für viele Berufsbilder bei Bedarf wieder einzuführen. Denn viele Berufsbilder haben sich seit 2004 stark verändert. Daher ist eine Reglementierung der Ausübung der betroffenen Handwerke zum Schutz von Leben und Gesundheit sowie der Wahrung von Kulturgütern und immateriellem Kulturerbe erforderlich. Außerdem sind die Ausbildungszahlen und die Anzahl der Meisterprüfungen gesunken.

Ziel der Koalitionsfraktionen ist, mehr Qualität für die Kundschaft und mehr Nachwuchs im Handwerk durch eine bessere Ausbildung zu erreichen.

Der Gesetzentwurf wurde in einer Koalitionsarbeitsgruppe unter Beteiligung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks und der Gewerkschaften erarbeitet. Das Bundeswirtschaftsministerium hat die einzelnen Branchenverbände des Handwerks umfassend schriftlich und mündlich angehört.

Wichtig: Für alle natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften, die bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes selbstständig den Betrieb eines zulassungsfreien Handwerks ausüben, für das künftig die Eintragung in der so genannten Handwerksrolle Voraussetzung zum selbstständigen Betrieb sein wird, werden auch ohne bestandene Meisterprüfung oder eine Ausübungsberechtigung in die Handwerksrolle eingetragen. Sie dürfen auch weiterhin ihr Handwerk selbständig ausüben und erhalten insoweit Bestandsschutz.

In folgenden Berufsgruppen wird die Meisterpflicht im Ergebnis wieder eingeführt:

  • Fliesen-, Platten- und Mosaikleger
  • Betonstein- und Terrazzohersteller
  • Estrichleger
  • Behälter- und Apparatebauer
  • Parkettleger
  • Rollladen- und Sonnenschutztechniker
  • Drechsler und Holzspielzeugmacher
  • Böttcher
  • Glasveredler
  • Schilder- und Lichtreklamehersteller
  • Raumausstatter
  • Orgel- und Harmoniumbauer

Die SPD-Bundestagsfraktion ist davon überzeugt, dass der Meisterbrief im deutschen Handwerk die beste Garantie für Qualitätsarbeit, Verbraucherschutz, Leistungsfähigkeit und Innovationskraft ist. Die Meisterpflicht trägt außerdem durch eine hochwertige berufliche Aus- und Weiterbildung maßgeblich zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses bei.

 

DAS WAFFENGESETZ WIRD VERSCHÄRFT

Mit dem Dritten Waffenrechtsänderungsgesetz, das der Bundestag am Freitag in 2./3. Lesung beschlossen hat, setzt die Koalition die geänderte EU-Feuerwaffenrichtlinie in nationales Recht um. Vor dem Hintergrund insbesondere der Terroranschläge in Paris im Januar und November 2015 soll die Nutzung von Schusswaffen für terroristische und kriminelle Zwecke erschwert werden.

Die Richtlinie verfolgt drei Ziele: Der illegale Zugang zu scharfen Schusswaffen soll erschwert werden. Sämtliche Schusswaffen und ihre wesentlichen Teile sollen über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg behördlich rückverfolgt werden können. Insbesondere durch eine Begrenzung der Magazinkapazität halbautomatischer Schusswaffen soll es schwerer werden, legale Schusswaffen für terroristische Anschläge zu nutzen.

Um den Zugang von Extremisten zu Schusswaffen zu erschweren, wird per wir Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen die Regelabfrage bei den Verfassungsschutzämtern eingeführt. Künftig soll bereits die bloße Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung ausreichen, um als unzuverlässig im Sinne des Waffenrechts zu gelten.

Außerdem werden die Waffenbehörden verpflichtet, vor Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis bei den zuständigen Verfassungsschutzbehörden abzufragen, ob bezüglich des Antragstellers Anhaltspunkte für das Verfolgen extremistischer Bestrebungen bestehen. Werden derartige Erkenntnisse zu einem späteren Zeitpunkt erlangt, müssen die Verfassungsschutzbehörden die Waffenbehörden darüber unterrichten, so dass diese bereits erteilte Erlaubnisse aufheben können.

Änderungen bei Sportschützen

Ebenfalls ändern werden die Koalitionsfraktionen im Rahmen der Richtlinie die Regelungen zur Bedürfnisprüfung bei Sportschützen. Bedürfnisprüfungen hinsichtlich des Fortbestehens einer waffenrechtlichen Erlaubnis werden künftig nach fünf und nach zehn Jahren erfolgen statt alle drei Jahre.

Helge Lindh, zuständiger Berichterstatter der SPD-Fraktion, sagt dazu: „Das Gesetz erreicht mehr Sicherheit und setzt legale Waffenbesitzer wie Sportsschützen keinem Generalverdacht aus. Wir schaffen pragmatische, rechtssichere Lösungen für legale Waffenbesitzer.“

Die Schwerpunktänderungen setzten starke Akzente für mehr Sicherheit, so Lindh weiter. „Waffen gehören nicht in falsche Hände. Unbescholtene und zuverlässige Bürgerinnen und Bürger können somit unter klaren Vorgaben ihrem Schießsport, der Jagd und der Brauchtumspflege nachgehen.“

 

Titelbild: pixabay/beingboring