Letzte Sitzungswoche vor der Sommerpause

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Diese Sitzungswoche des Bundestages hatte es nochmal richtig in sich. Wir haben das Konjunkturpaket in konkrete Gesetze umgesetzt und so beispielsweise den Weg für den Kinderbonus oder die Senkung der Mehrwertsteuer freigemacht. Außerdem: Die Grundrente wurde beschlossen!

Eine Übersicht über die wichtigsten Punkte der Sitzungswoche findet Ihr im Folgenden:

DIE GRUNDRENTE KOMMT

Der Bundestag hat die Einführung der Grundrente beschlossen. Das ist eine gute Nachricht für alle, die viele Jahre hart gearbeitet, Kinder erzogen und Angehörige gepflegt, aber wenig verdient haben. Mit der Grundrente erhalten rund 1,3 Millionen Rentnerinnen und Rentner ab 2021 eine spürbar höhere Alterssicherung.

Lebensleistung verdient Anerkennung. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass Arbeit sich lohnt − auch in der Rente. Wer jahrzehntelang in die Rentenversicherung eingezahlt hat, muss im Alter mehr haben als Grundsicherung. Deshalb hat die SPD-Fraktion im Koalitionsvertrag die Einführung der Grundrente durchgesetzt. Jetzt hat das Parlament die Grundrente beschlossen. Am 1. Januar 2021 tritt sie in Kraft.

Konkret bedeutet das: Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Rentnerinnen und Rentner, die ein niedriges Einkommen hatten und davon Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu leisten hatten, erhalten einen Zuschlag auf ihre Rente. Davon profitieren vor allem viele Frauen und verhältnismäßig viele Menschen in Ostdeutschland.

Wer hat Anspruch auf Grundrente?

Die Grundrente bekommt, wer mindestens 33 Jahre lang Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt und im Schnitt ein Einkommen zwischen 30 und 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes aller Erwerbstätigen hatte. Berücksichtigt werden Zeiten, in denen Pflichtbeiträge aufgrund einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit gezahlt wurden. Auch Zeiten der Kindererziehung und Pflege gehören dazu. Um die Grundrente in voller Höhe zu bekommen, müssen für mindestens 35 Jahre Pflichtbeiträge vorliegen.

Wie hoch ist die Grundrente?

Die konkrete Höhe des Grundrentenzuschlags hängt von den individuellen Voraussetzungen ab. Sie beruht auf den sogenannten Entgeltpunkten (EP), die während des Versicherungslebens erworben wurden und aus denen sich der reguläre Rentenanspruch ergibt. Entsprechen diese Entgeltpunkte einem Einkommen zwischen 30 und 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes, werden sie hochgewertet. Aus diesem Zuschlag an Entgeltpunkten ergibt sich die Höhe der Grundrente, die zusätzlich zum regulären Rentenanspruch ausgezahlt wird. Dabei wird sichergestellt, dass die Gesamtrente aus den eigenen Beiträgen und dem Zuschlag an Entgeltpunkten umso höher ausfällt, je höher die eigene Beitragsleistung ist.

Ein Beispiel: Eine Leipziger Bauingenieurin hat bis zum Mauerfall gut verdient, wurde jedoch arbeitslos, als ihre Firma insolvent ging. Nach ein paar Jahren fand sie wieder Arbeit in unterschiedlichen Bereichen – allerdings unterhalb ihrer Qualifikation. Ihre Altersrente beläuft sich nach 39 Beitragsjahren auf 778 Euro (brutto). Trotz der Arbeitslosigkeit erfüllt sie die Voraussetzungen von mindestens 33 Jahren an „Grundrentenzeiten“, sodass sie mit der Grundrente auf eine Monatsrente von 982 Euro kommt.

Lebensleistung statt Bedürftigkeit

Die Grundrente ist keine Sozialhilfeleistung. Im Gegenteil: Sie wird durch eigene Arbeitsleistung erworben. Wer die nötigen Zeiten erworben hat und die Voraussetzungen für einen Grundrentenanspruch erfüllt, bekommt sie – genauso wie die Rente – von der Deutschen Rentenversicherung ausgezahlt.

Die SPD-Fraktion hat deshalb Wert daraufgelegt, dass keine Bedürftigkeitsprüfung erfolgt. Niemand soll sein Haus verkaufen oder sein Sparbuch offenlegen legen müssen. Die Grundrente wird ohne Antrag automatisch ausgezahlt. Um die Grundrente so zielgenau wie möglich auszugestalten, ist lediglich vorgesehen, dass zusätzliches Einkommen (zum Beispiel eine Pension, Erträge betrieblicher oder privater Vorsorge oder Mieteinnahmen) oberhalb eines Freibetrages auf die Grundrente angerechnet wird. Der Freibetrag liegt bei 1.250 Euro bei Alleinstehenden und bei 1.950 Euro bei Paaren. Berücksichtigt werden dabei auch der steuerfrei gestellte
Anteil der Rente und der Versorgungsfreibetrag. Der übersteigende Betrag wird dann zu 60 Prozent auf den Grundrentenzuschlag angerechnet. Erst ab einem Einkommen von 1.600 Euro (Alleinstehende) bzw. 2.300 Euro (Paare) wird zusätzlich das über diesen Betrag hinausgehende Einkommen vollständig auf die Grundrente angerechnet. Dies soll einfach und bürgerfreundlich über einen automatisierten Datenabgleich mit dem Finanzamt erfolgen.

Die Anerkennung der Lebensleistung geht aber über die Grundrente hinaus. Daher werden Freibeträge auch bei der Grundsicherung im Alter, bei Erwerbsunfähigkeit und beim Wohngeld eingeführt. Voraussetzung ist, dass 33 Jahre Grundrentenzeiten vorliegen. Damit wird sichergestellt, dass langjährigen Versicherten monatlich mehr zur Verfügung steht als der aktuelle Grundsicherungsbedarf. Die Freibeträge betragen jeweils maximal 216 Euro.

Die Einführung der Grundrente ist ein sozialpolitischer Meilenstein, der dazu beitragen soll, das Vertrauen in das gesetzliche Rentensystem zu stärken. Ein Anspruch auf Grundrente wird ab dem 1. Januar 2021 bestehen. Da die organisatorische Umsetzung etwas Zeit benötigt, wird die Auszahlung ab Juli 2021 schrittweise, aber rückwirkend erfolgen.

KINDERBONUS UND NIEDRIGERE MEHRWERTSTEUER BESCHLOSSEN

Die Mehrwertsteuer beträgt bis Jahresende nur 16 Prozent. Eltern erhalten für jedes Kind einen einmaligen Kinderbonus in Höhe von 300 Euro. Das hat der Bundestag mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz beschlossen – und damit erste Maßnahmen des Konjunkturpakets umgesetzt.

Am 1. Juli ist die Senkung der Mehrwertsteuer in Kraft getreten. Bis Jahresende beträgt der allgemeine Satz nur noch 16 statt 19 Prozent, der ermäßigte Satz liegt bei 5 statt 7 Prozent. Mit einem Volumen von 20 Milliarden Euro ist diese Maßnahme ein zentraler Bestandteil des Konjunkturpakets, das die Koalition Anfang Juni vereinbart hat. Ziel ist es, die Kaufkraft zu stärken, die Binnennachfrage anzuschieben und der Wirtschaft einen kräftigen Schub zu geben. Profitieren werden davon nicht zuletzt Bürgerinnen und Bürger mit normalem und geringem Einkommen, da sie einen höheren Anteil ihres Einkommens für den Konsum ausgeben.

Familien und Alleinerziehende werden unterstützt

Familien sind durch Schul- und Kitaschließungen besonders von den krisenbedingten Einschränkungen betroffen. Sie erhalten für jedes Kind einen einmaligen Kinderbonus von 300 Euro. Für jedes Kind, für das Anspruch auf Kindergeld besteht, werden demnach im September zunächst 200 Euro und im Oktober weitere 100 Euro

ausgezahlt. Der Bonus wird nicht auf Sozialleistungen (wie die Grundsicherung, Kinderzuschlag oder Wohngeld) angerechnet und stärkt vor allem Familien mit kleinen und mittleren Einkommen. Eltern mit hohen Einkommen profitieren weniger stark bis gar nicht, da der Steuerfreibetrag gleichbleibt. Das ist sozial gerecht und setzt mit insgesamt 4,3 Milliarden Euro einen starken Impuls zur Wiederbelebung der Konjunktur.

Gerade alleinerziehende Eltern mussten während der Kita- und Schulschließungen eine Doppelbelastung von Arbeit und Kinderbetreuung schultern. Deswegen wird der sogenannte Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bis Ende 2021 mehr als verdoppelt: Von 1.908 Euro auf 4.000 Euro. Das bedeutet: weniger Steuern, mehr Netto. Ein alleinerziehender Kassierer mit monatlich 1.750 Euro brutto und einem Kind erhält so 463 Euro mehr pro Jahr. Eine erfahrene Krankenschwester mit 3.000 Euro brutto pro Monat und zwei Kindern hat 604 Euro mehr pro Jahr.

Anreize für Investitionen von Unternehmen

Verschiedene steuerliche Maßnahmen verschaffen den Unternehmen mehr Liquidität. So werden gezielte Anreize für mehr Investitionen gesetzt und Innovationen gefördert. Konkret können bewegliche Wirtschaftsgüter, die in den Jahren 2020 und 2021 angeschafft werden, schneller abgeschrieben werden. Dadurch entsteht eine kurzfristige Liquiditätsersparnis von 6 Milliarden Euro. Außerdem können aktuelle Verluste steuerlich umfassender mit den Gewinnen des vergangenen Jahres verrechnet werden. Auch dadurch sinkt die Steuerschuld. Auch die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung in Unternehmen wird ausgeweitet.

Sicherung der Investitionskraft der Kommunen

Die Kosten des Kinderbonus‘ und die Steuerausfälle, die durch die befristete Senkung der Umsatzsteuer entstehen, werden vollständig vom Bund übernommen. Dadurch werden insbesondere die Kommunen vor Einnahmeausfällen bewahrt und so ihre Investitionsfähigkeit erhalten.

 

NACHTRAGSHAUSHALT VERABSCHIEDET

Der Deutsche Bundestag hat den zweiten Nachtragshaushalt für das Jahr 2020 beschlossen. Insgesamt 217,8 Milliarden Euro nimmt der Bund zusätzlich in die Hand, um Deutschland wieder in Schwung zu bringen.

Die Große Koalition setzt damit ein umfassendes Konjunktur- und Investitionsprogramm aufs Gleis, das kurzfristige konjunkturelle Impulse mit längerfristigen Zukunftsinvestitionen kombiniert. Dank der soliden Finanzpolitik der letzten Jahre ist der Bund finanziell handlungsfähig. Mit dem Zweiten Nachtragshaushalt für das Jahr 2020 werden die finanziellen Voraussetzungen geschaffen, um das Konjunkturpaket schnell und entschlossen umzusetzen.

So werden beispielsweise die Mehrwertsteuersenkung und der Kinderbonus ausfinanziert. Allein diese Entlastungen summieren sich auf 24 Milliarden Euro. Für Überbrückungshilfen zur Sicherung der Existenz kleiner und mittlerer Unternehmen werden rund 25 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Parallel wird die Finanzkraft der Kommunen gestärkt, in dem der Bund die Gewerbesteuerausfälle von über sechs Milliarden Euro ausgleicht, die Städte und Gemeinden bei der Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) unterstützt und die Kommunen bei den Kosten der Unterkunft aus der Grundsicherung dauerhaft entlastet. Darüber hinaus sind beispielsweise eine Milliarde Euro zusätzlich für den Digitalpakt Schule und fünf Milliarden Euro für den 5G-Ausbau vorgesehen. Einen Innovationsschub sollen auch die 26 Milliarden Euro anstoßen, die in den Klimaschutz investiert werden, etwa in die Umsetzung der Wasserstoffstrategie, die Gebäudesanierung und die Senkung der EEG-Umlage.

Darüber hinaus haben die Koalitionsfraktionen den Nachtragshaushalt im parlamentarischen Verfahren noch einmal nachgeschärft:

  • Sport wird mit zusätzlich 800 Millionen Euro unterstützt: 600 Millionen Euro werden investiert, um
    Turnhallen, Schwimmbäder und Sportplätze zu sanieren. 200 Millionen Euro sollen Einnahmeausfälle
    abseits des Profifußballs ausgleichen, die etwa wegen weggebrochener Zuschauereinnahmen im
    Handball, Eishockey, Basketball oder Volleyball entstanden sind.
  • Zur Rettung von Jugendherbergen, Schullandheimen und anderen Jugendbildungsstätten werden zusätzlich 100 Millionen Euro bereitgestellt – ergänzend zu den Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen.
  • Auch Inklusionsunternehmen und Einrichtungen der Behindertenhilfe erhalten parallel zu den Überbrückungshilfen weitere Zuschüsse mit einem Gesamtvolumen von 100 Millionen Euro.Auch bei den Investitionen wird noch eine Schippe draufgelegt. Durch das Vorziehen von Maßnahmen fließen 720 Millionen Euro in den Ausbau von Schienen, Brücken, Bahnhöfen und Straßen.