Es geht in den Endspurt. In der letzten Sitzungswoche vor der parlamentarischen Sommerpause stehen noch zahlreiche Vorhaben auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages. Es geht unter anderem um den Ausbau der erneuerbaren Energien, um klare Vorgaben für Klimaschutz im Gebäudesektor und um die Stärkung von Verbraucherrechten.
Alle Infos zu den zentralen Themen der Sitzungswoche finden sich im Folgenden:
Genehmigung von erneuerbaren Energien werden beschleunigt
Bis 2045 muss Deutschland klimaneutral sein. Im vergangenen Jahr hat die Ampelkoalition bereits wichtige Maßnahmen beschlossen, um den Ausbau von erneuerbaren Energien in Deutschland voranzutreiben. Insbesondere gilt es, den Bau von Windkraftanlagen an Land sowie von Anlagen zur Herstellung von grünem Wasserstoff (Elektrolyseure) zu beschleunigen. Damit das gelingt, müssen auch die Genehmigungsverfahren solcher Anlagen, die unter das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImschG) fallen, deutlich schneller werden.
Die Bundesregierung bringt deshalb in dieser Woche einen Gesetzentwurf zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz in den Bundestag ein und setzt damit auch EU-Recht um. „Klima“ wird als Schutzgut im BImschG verankert, so dass künftig Verordnungen, die auf Grundlage dieses Gesetzes erlassen werden, auch Regelungen zum Schutz des Klimas enthalten können. Des Weiteren sollen Anlagenbetreiber Unterlagen im Genehmigungsverfahren leichter nachreichen können. Dies kann den Genehmigungsprozess entzerren und verschlanken, zumal viele Unterlagen nicht notwendigerweise bereits zu Beginn der Prüfung durch die Genehmigungsbehörde vorliegen müssen.
Um Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, wird überdies eine Verlängerung der Genehmigungsfristen durch die Behörde nicht mehr unbeschränkt möglich sein. Bei Genehmigungsverfahren können künftig auch Projektmanager:innen eingesetzt werden, die bei den einzelnen Verfahrensschritten – wie beispielsweise bei der Fristenkontrolle sowie Sichtung und Bewertung der eingereichten Dokumente – unterstützend tätig werden und so das Verfahren insgesamt beschleunigen. Der Entwurf sieht überdies Erleichterungen beim Repowering – also der Modernisierung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien – vor.
Wir modernisieren das Passwesen
Wir wollen und brauchen einen digitalen Staat, der Bürger:innen das Leben erleichtert und Behördengänge auf ein Minimum reduziert. In dieser Woche beraten wir deshalb abschließend einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung des Pass-, des Ausweis- und des ausländerrechtlichen Dokumentenwesens, mit dem Verwaltungsabläufe modernisiert werden und Sicherheit und Integrität der Daten gewährleistet werden sollen.
Das hat viele praktische Auswirkungen: So wird der Datenaustausch zwischen den Pass, Personalausweis- und eID-Karte- (Karte mit Funktion zum elektronischen Identitätsnachweis) Behörden nach einem Umzug vereinfacht und Zuständigkeiten klargestellt. Künftig werden beantragte Pässe, Personalausweise, eID-Karten und elektronische Aufenthaltstitel zugeschickt und müssen nicht mehr wie bisher beim Bürgeramt abgeholt werden. Schnellere Identitätsfeststellungen werden ermöglicht, was die Arbeit der Sicherheitsbehörden erleichtert.
Zum 1. Januar 2024 wird der ein Jahr gültige Kinderreisepass abgeschafft und auch Kinder erhalten die regulären Identitätsdokumente (Personalausweis, Reisepass), die in diesen Fällen eine Gültigkeitsdauer von sechs Jahren haben werden.
Um Kindesmissbrauch im Ausland zu verhindern, wird ein neuer Passversagungsgrund für solche Fälle eingeführt, in denen bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass Passbewerber:innen im Ausland bestimmte Sexualstraftaten begehen werden.
Im parlamentarischen Verfahren haben wir in Entschließungsanträgen eine Reihe von weiteren Forderungen an die Bundesregierung adressiert. So sprechen wir uns für ein entschlossenes Vorantreiben der Umsetzung des Registermodernisierungsgesetzes aus, sowie dafür, das Datenschutzcockpit als zentrales Transparenz- und Steuerungswerkzeug für Bürger:innen zu etablieren. Dadurch soll der Datenaustausch personenbezogener Daten zwischen öffentlichen Stellen für die betroffenen Personen transparent und nachvollziehbar werden.
Für faire Arbeits- und Wettbewerbsbedingungen im Straßengüterverkehr
Transport und Logistik haben für den Wirtschaftsstandort Deutschland eine enorme Relevanz. Der Güterverkehr mit den Berufskraftfahrer:innen und den Transportunternehmen sind für unser tägliches Leben, beispielsweise bei der Lebensmittelversorgung, essentiell. Die Belastungen der kleinen und mittelständischen Unternehmen und ihrer Mitarbeiter:innen müssen deshalb stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt und die Rahmenbedingungen für die Branche zukunftssicher gestaltet werden. Dazu legen die Koalitionsfraktionen einen Antrag vor, den wir in dieser Woche im Bundestag abschließend beraten.
Der Antrag umfasst ein umfangreiches Maßnahmenbündel für den Straßengüterverkehr sowie Forderungen zur besseren Verzahnung mit der Schiene und den Wasserstraßen. Der Schienengüterverkehr soll bis zum Jahr 2030 einen Marktanteil von 25 Prozent erreichen, Wasserwege und Schleusen samt Anpassung der Brückenhöhen ausgebaut und saniert werden. Darüber hinaus fordern die Abgeordneten im Antrag eine Ausweitung des Flottenerneuerungsprogramms für eine klimafreundliche Binnenschifffahrt.
Die Forderungen zielen zudem auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer:innen sowie auf die Stärkung der Wettbewerbsposition gesetzeskonform agierender Unternehmen. Diese umfassen sechs Bereiche, die sich mit Arbeitsbedingungen, Kontrollen, dem Image des Straßengüterverkehrs, erleichterten Arbeitsbedingungen für Zuwanderer:innen, entbürokratisierter Berufsqualifikation sowie dem Ausbau von Parkraum und Verkehrsinfrastruktur beschäftigen.
Die Koalitionsfraktionen betonen in dem Antrag die Bekämpfung wettbewerbsverzerrender und unfairer Arbeitsbedingungen. Dafür soll die Einhaltung des Mindestlohngesetzes wirksamer kontrolliert und bei der Vergabe durch den Bund die sozialen Bedingungen des Transports sowie die Arbeitsbedingungen der Transportierenden stärker berücksichtigt werden. Für die Kontrollen soll mehr Personal bei den Überwachungsbehörden bereitgestellt, das Kontrollpersonal geschult und Kontrollkompetenzen gebündelt werden. Zudem sollen digitale Kontrollgeräte effektiver genutzt und ausgewertet werden. Die Antragsteller sprechen sich zudem für eine spürbare Anhebung relevanter Bußgelder auf ein Niveau aus, das den wirtschaftlichen Vorteil durch Rechtsverletzung erkennbar übersteigt.
Für Lkw-Fahrer:innen sollen Verbesserungen der Arbeitsbedingungen geprüft werden, etwa der Zugang zu Sanitäranlagen und Pausenräumen und die Vergrößerung der Kabinen für Pausenaufenthalte und Ruhezeiten. Ebenso soll der Einstieg von Zuwanderer:innen ins Transportgewerbe erleichtert werden, indem zum Beispiel Führerscheine und Qualifikationen auch in Fremdsprachen erworben werden können.
Rechte der Verbraucher:innen stärken
Die EU-Verbandsklagenrichtlinie stärkt die Rechte von Verbraucher:innen. Ihre Ansprüche sollen so einfacher geklärt und durchgesetzt werden. Auch Unternehmen erhalten dadurch schneller Rechtssicherheit. Gleichzeitig kann die Justiz von massenhaften Einzelklagen entlastet werden, da Klagewellen – wie durch den Diesel-Skandal oder Forderungen wegen überhöhter Kontogebühren durch Banken – so zukünftig vermieden werden können.
Wir beraten in dieser Woche abschließend im Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Verbandsklagerichtlinie. Eingeführt wird damit eine neuartige Klageform für Verbandsklagen, die sogenannte Abhilfeklage. Diese wird zusammen mit den bereits etablierten Musterfeststellungsklagen in einem neuen Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG) geregelt. Eine Abhilfeklage kann ein Verbraucherverband gegen ein Unternehmen erheben, um Ansprüche von Verbraucher:innen beispielsweise wegen Produktmängeln oder unzulässigen Preisklauseln geltend zu machen. Wird der Abhilfeklage stattgegeben, erhalten die betroffenen Verbraucher:innen den ihnen zustehenden Geldbetrag von einem Sachwalter ausgezahlt, der das Urteil umsetzt.
Wir konnten im parlamentarischen Verfahren noch deutliche Verbesserungen erreichen, so ist es nun bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch möglich, sich der Klage anzuschließen. Damit werden auch die Verjährungsfristen für angemeldete Verbraucher:innen deutlich verlängert. So wird es für wesentlich mehr Menschen einfacher, sich der Klage anzuschließen und ihre Rechte auch geltend zu machen.
Eine Abhilfeklage dürfen nur Verbände erheben, die als qualifizierte Verbraucherverbände beim Bundesamt für Justiz registriert sind und bestimmte Anforderungen zum Beispiel hinsichtlich ihrer Finanzierung erfüllen. Auch qualifizierte Einrichtungen aus anderen EU-Mitgliedstaaten dürfen bei deutschen Gerichten grenzüberschreitende Abhilfeklagen erheben.
Auch Gewinnschöpfungsansprüche sollen künftig leichter durchgesetzt werden, damit Unrechtsgewinne aus Streuschäden wirksamer abgeschöpft werden können. Streuschäden sind Schäden in geringer Höhe bei vielen Betroffenen, für die eine Schadensbeseitigung im Wege einer Abhilfeklage oft den Aufwand nicht lohnt, der Unrechtsgewinn in der Summe aber erheblich ist und deshalb nicht beim Unternehmen verbleiben soll.
Wärmewende durch mehr Energieeffizienz zum Erfolg führen
Erneuerbare Energien sind ein zentraler Baustein für das Gelingen der Energiewende. Die Entwicklung der Energiepreise in den vergangenen Monaten hat aber auch gezeigt: mindestens genauso wichtig ist es, den Energieverbrauch deutlich und dauerhaft zu reduzieren. Deshalb berät der Bundestag in dieser Woche abschließend den Gesetzentwurf zur Steigerung der Energieeffizienz – das sogenannte Energieeffizienzgesetz (EnEfG).
Mit dem EnEfG wird erstmals ein gesetzlicher Rahmen zur Senkung des Gesamtenergieverbrauchs in Deutschland geschaffen. Konkret werden Ziele für den Primär- und Endenergieverbrauch für 2030 festgelegt und für den Zeitraum bis 2045 eine Richtgröße für den Endenergieverbrauch beschrieben. Bis 2030 soll der Primärenergieverbrauch um mindestens 39,3 Prozent und der Endenergieverbrauch um mindestens 26,5 Prozent im Vergleich zu 2008 verringert werden. Damit werden die Vorgaben der in der Trilogfassung vorliegenden, noch nicht beschlossenen EU-Energieeffizienzrichtlinie eingehalten. Die Ziele für 2045 werden 2027 überprüft und ggfs. angepasst.
Die öffentliche Hand soll eine Vorbildfunktion einnehmen. Im Entwurf werden deshalb Bund und Länder dazu verpflichtet, bis 2030 Energie in Höhe von 45 Terawattstunden TWh (Bund) bzw. 3 TWh (Länder) einzusparen. Unternehmen mit einem Energieverbrauch von 7,5 GWh müssen dann Energie- oder Umweltmanagementsysteme einführen und ihre Energieeinsparmaßnahmen in konkreten Plänen erfassen und veröffentlichen. Auch speziell für Rechenzentren gelten erstmals Effizienz- und Abwärmeanforderungen. Unternehmen sollen künftig entstehende Abwärme vermeiden und die unvermeidbare Abwärme weitgehend reduzieren oder besser nutzen, soweit dies möglich und zumutbar ist.