Endlich: Anerkennung der Lebensleistung von 1,5 Millionen Menschen.

Datum:

In die letzten Sitzungswoche fielen erneut wegweisende Entscheidungen für ein solidarisches Land. Nach langem Ringen konnte endlich eine Einigung zur Grundrente erzielt werden. Außerdem wurde im Bundestag die Abschaffung des Solis beschlossen, ebenso wie weitere wichtige Entscheidungen.

Alle weiteren wichtigen Informationen zur letzten Woche finden Sie im Folgenden:

DIE GRUNDRENTE KOMMT!

Viele Menschen haben ihr Leben lang hart gearbeitet, waren fleißig und ließen sich nicht unterkriegen. Wenn sie dann in Rente gehen, haben sie trotzdem kaum etwas im Portemonnaie, sie kommen kaum über die Runden, weil die Löhne zu niedrig waren. Das ist zutiefst ungerecht. Diese Rentnerinnen und Rentner haben das Land mitaufgebaut, Kinder erzogen, sie verdienen Respekt und Anerkennung. Das muss sich selbstverständlich auch in ihrer Rente widerspiegeln.

Lange hat die SPD-Bundestagsfraktion für eine Solidarrente gekämpft, eine Respektrente wenn man so will. Das bedeutet, dass die Rente klar über der so genannten Grundsicherung liegt (hieß früher Sozialhilfe). Die Bezeichnung hat sich geändert, aber das Versprechen ist gehalten: Nun kommt endlich die Grundrente! Am Sonntag haben sich die Spitzen von SPD und Union auf einen Kompromiss verständigt.

Die Grundrente setzt den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag um: Nach Jahrzehnten der Arbeit, Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen soll jeder am Ende besser dastehen, als hätte er keine oder nur kurzzeitig Beiträge geleistet.

Das funktioniert so:

Die Rente wird um einen Zuschlag erhöht, wenn die Versicherten mindestens 35 Jahre „Grundrentenzeiten“ vorweisen können – das sind Pflichtbeitragszeiten vor allem aus Beschäftigung, Kindererziehung und Pflegetätigkeit. Voraussetzung ist außerdem, dass der Durchschnittswert der Entgeltpunkte aus so genannten „Grundrentenbewertungszeiten“ des gesamten Versicherungslebens zwischen 30 und 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes liegt. Es soll außerdem einen Übergangsbereich geben für diejenigen Rentnerinnen und Rentner, die knapp unter 35 Jahre gearbeitet und Beiträge gezahlt haben. Das verhindert eine sozusagen harte Abbruchkante.

Die Grundrente werden 1,2 bis 1,5 Millionen Menschen erhalten können, davon ein großer Anteil Frauen: Vier von Fünf Berechtigten werden weiblich sein. Denn häufig haben Frauen in Berufen gearbeitet, in denen viel verlangt, aber trotzdem wenig verdient wird. Es werden auch viele Ostdeutsche profitieren, die oft besonders lange, aber zu niedrigen Löhnen gearbeitet haben.

Kein Gang zum Amt, auch Bestandsrentner profitieren

Ganz wichtig: Die Verbesserungen werden auch den Rentnerinnen und Rentnern zugutekommen, die bereits eine Rente beziehen.

Die Grundrente wird ohne Bedürftigkeitsprüfung ermittelt. Man muss nicht zum Sozialamt. Die Grundrente ist keine Sozialhilfeleistung – ganz im Gegenteil: Sie wird durch eigene Leistung erworben. Sie wird nicht geschenkt, sie ist verdient. Wer die nötigen Zeiten erworben und einen Anspruch auf Grundrente hat, bekommt sie als Bestandteil der Rente von der Deutschen Rentenversicherung automatisch ausgezahlt.

Die Technik

Die Grundrente soll so zielgenau wie möglich ausgestaltet werden. Deshalb wird es einen Einkommensfreibetrag geben. Der Einkommensfreibetrag sichert, dass das zu versteuernde Einkommen bis zu 1250 Euro (Alleinlebende) bzw. 1950 Euro (Paare) nicht auf die Grundrente angerechnet wird. Der Freibetrag wird jährlich angepasst.

Der Einkommensfreibetrag bezieht sich auf das zu versteuernde Einkommen, zu dem der steuerfrei gestellte Anteil der eigenen Rente und Kapitalerträge hinzugerechnet wird (Mieteinnahmen usw.). Das zu versteuernde Einkommen ist in der Regel geringer als das Bruttoeinkommen und wird individuell vom Finanzamt festgestellt. Bei der Ermittlung werden von den Gesamteinkünften Sonderausgaben (zum Beispiel für die Kranken- und Pflegeversicherung) sowie außergewöhnliche Belastungen (zum Beispiel für die Unterstützung pflegebedürftiger Angehöriger) abgezogen. Der bereits versteuerte Teil der Rente wird nicht angerechnet.

Liegt das Einkommen über dem Einkommensfreibetrag, wird der darüber liegende Betrag abgeschmolzen − und zwar bürgerfreundlich und automatisiert durch einen einfachen Datenabgleich mit dem Finanzamt. Eine Vermögensprüfung, etwa des Wohneigentums, findet nicht statt. Die meisten Grundrentenbezieher erhalten die volle Grundrente.

Freibetrag beim Wohngeld

Verbesserungen beim Wohngeld: Für viele Rentnerinnen und Rentner sind die steigenden Wohnkosten eine große finanzielle Belastung. Die SPD Bundestagsfraktion hat bereits durchgesetzt, dass das Wohngeld alle zwei Jahre an die Bestandsmieten- und Einkommensentwicklung angepasst wird. So lässt sich vermeiden, dass Rentnerinnen und Rentner durch Rentenerhöhungen unter Umständen ihren Anspruch auf Wohngeld verlieren. Ein zweiter wirksamer Schritt soll ein Freibetrag beim Wohngeld sein, damit die Grundrente beim Wohngeld nicht voll als Einkommen angerechnet wird. Umsetzen wird das das zuständige Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Freibetrag bei Grundsicherung

Freibetrag in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung: Wer 35 Jahre lang in der gesetzlichen Rentenversicherung oder anderweitigen verpflichtenden Alterssicherungssystemen versichert war, soll zudem einen Freibetrag in der Grundsicherung erhalten. Damit wird für langjährig Versicherte sichergestellt, dass das Alterseinkommen oberhalb der Grundsicherung liegt. Schließlich muss es einen
Unterschied machen, ob man sein Leben lang gearbeitet und vorgesorgt hat oder nicht – auch im Geldbeutel.

Der Freibetrag soll abhängig von der individuellen Rente berechnet werden und maximal 212 Euro (50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1) betragen.

Finanzierung

Damit die Ausgaben für die Grundrente nicht zu einem höheren Beitragssatz oder zu einem geringeren Rentenniveau in der Rentenversicherung führen, werden die hierfür erforderlichen Gelder insbesondere durch einen höheren Bundeszuschuss zur Rentenversicherung aufgebracht, also durch Steuern. Zudem wird die lange schon nötige Finanztransaktionssteuer einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung leisten.

Die Grundrente ist zentral für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land. Nach einem langen Arbeitsleben muss man sich – auch bei geringem Einkommen – auf die Rente verlassen können. Dafür sorgt die Koalition jetzt. Die Grundente soll zum 01. Januar 2021 in Kraft treten.

BUNDESTAG BESCHLIESST ENDE DES SOLI (FÜR FAST ALLE)

Versprochen, gehalten: Der Bundestag hat am Donnerstag einen Gesetzentwurf von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zum Abbau des Solidaritätszuschlags beschlossen.

Der Gesetzentwurf setzt um, was die Koalition in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen und versprochen hat: Mehr als 90 Prozent aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler müssen von 2021 an keinen Soli mehr bezahlen. Millionen Bürger werden so finanziell deutlich entlastet – insbesondere Menschen mit geringem
oder mittlerem Einkommen und Familien.

Das Gute: Die dann höheren Nettoeinkommen stärken die Binnenkonjunktur, was für Deutschlands Wirtschaft wiederum von großem Nutzen ist.

Nicht nur für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entfällt der Zuschlag. Auch viele Selbständige und Gewerbetreibende, die der Einkommensteuer unterliegen, zahlen ihn künftig nicht mehr. Das setzt Anreize für Investitionen und neue Arbeitsplätze.

Die reichsten zehn Prozent sollen den Soli aber weiterzahlen – in voller Höhe allerdings nur die 3,5 Prozent der Superreichen. Sie sollen ihren Beitrag leisten für Zukunftsinvestitionen: in Chancen für unsere Kinder, in Klimaschutz, Forschung und Entwicklung.

Der wesentliche Inhalt des Gesetzentwurfs:

Wer jährlich weniger als 16.956 Euro an Einkommen- oder Lohnsteuer zahlt, wird künftig den Soli nicht mehr zahlen müssen. Bei zusammen Veranlagten beträgt die Grenze 33.912 Euro. Nach geltendem Recht wird der Zuschlag erhoben, wenn die tarifliche Einkommensteuer den Betrag von 972 Euro bzw. 1944 Euro (Einzel-/Zusammenveranlagung) übersteigt. Das wird durch eine entsprechende Anhebung der Freigrenze für die Einkommensteuer erreicht, bis zu der kein Solidaritätszuschlag anfällt.

Übersteigt die tarifliche Einkommensteuer die Freigrenze, wird der Solidaritätszuschlag nicht sofort in voller Höhe, also mit 5,5 Prozent der Einkommensteuer, erhoben. Stattdessen wird er für rund 6,5 Prozent der
verbleibenden Soli-Zahlenden ebenfalls abgesenkt, allerdings bei steigenden Einkommen mit abnehmender Wirkung. Dazu wird die sogenannte Milderungszone angepasst, so dass das Gesetz bis weit in die Mittelschicht wirkt.

Zwei Beispiele:

Für ledige sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer entfällt der Solidaritätszuschlag vollständig bis zu einem Bruttojahreslohn von 73.874 Euro. Erst ab einem Bruttojahreslohn von 109.451 Euro muss weiterhin der volle Soli entrichtet werden. Ab 73.874 Euro fällt der Solidaritätszuschlag in der Milderungszone nur noch zum Teil an.

Eine Familie mit zwei Kindern (alleinverdienende Arbeitnehmerin bzw. alleinverdienender Arbeitnehmer) muss erst ab einem Bruttojahreslohn von 221.375 Euro den vollen Solidaritätszuschlag entrichten, ab 151.990 Euro wird er in der Milderungszone nur noch zum Teil erhoben. Bis zu einem Bruttojahreslohn von
151.990 Euro zahlt die Familie gar keinen Solidaritätszuschlag mehr.

Wichtig dabei ist aber: Das sind zwei Beispiele unter bestimmten Bedingungen. Denn grundsätzlich kommt es nicht auf das Bruttojahreseinkommen, sondern auf das zu versteuernde Jahreseinkommen an. Das unterscheidet sich natürlich, zum Beispiel durch Ehegattensplitting, Kinderfreibeträge, Werbungskosten etc.

So gibt es eine deutliche finanzielle Stärkung für die allermeisten Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Allerdings: Eine Abschaffung auch für die einkommensstärksten zehn Prozent der Soli-Zahlenden, also etwa den Vorstand eines Dax-Konzerns, würde zusätzlich rund 11 Milliarden Euro jährlich kosten und lediglich die Nettoeinkommen von Spitzenverdienern weiter erhöhen. Und für Steuergeschenke an Einkommensmillionäre steht die SPD-Bundestagsfraktion nicht zur Verfügung.

SPD-Fraktionsvizechef Achim Post stellt klar: „Von einer Komplettabschaffung des Soli, so wie es CDU und CSU am liebsten wollen, würden nur noch die absoluten Topverdiener profitieren. Das wäre nicht nur höchst ungerecht, es würde den Staat auch Einnahmen kosten, die wir für Investitionen etwa in Bildung und Klimaschutz dringend gebrauchen. Eine Komplett-Abschaffung des Soli ist und bleibt für die SPD-
Fraktion daher nur denkbar, wenn sie mit einer Erhöhung der Reichen- und Einkommensteuer für Topverdiener verbunden ist. Steuerentlastungen dürfen nicht dazu führen, dass die soziale Schere in unserem Land noch weiter aufgeht. Stattdessen muss es das Ziel sein, sie zu schließen.“

 

MASERN ZURÜCKDRÄNGEN

Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten des Menschen. Im Jahr 2018 kam es weltweit zu einer Verdoppelung der Masernfallzahlen. Bis Ende Mai wurden dem Robert-Koch-Institut bereits 420 Masernfälle in Deutschland für das Jahr 2019 gemeldet. Dabei stehen zur Prävention gut verträgliche, hochwirksame Impfstoffe zur Verfügung, die eine langfristige Immunität vermitteln.

Um die Anzahl der Masernfälle langfristig zu reduzieren, hat der Bundestag am Donnerstag den Gesetzentwurf für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention in 2./3. Lesung beschlossen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass künftig Kinder und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kitas und Schulen, Personal in medizinischen Einrichtungen und auch Menschen und Personal in sogenannten Gemeinschaftseinrichtungen geimpft sein müssen. Darunter fallen Asylbewerberheime, Flüchtlingsunterkünfte und auch Ferienlager.

Nachgewiesen werden kann die Impfung beziehungsweise Immunität durch den Impfausweis – zukünftig auch in digitaler Form vorhanden – oder durch ein Attest vom Arzt, von der Ärztin. Ausgenommen sind Menschen, die einen ärztlichen Nachweis vorlegen können, dass bei ihnen eine Impfung aus gesundheitlichen Gründen nicht ratsam ist. Jeder Arzt, mit Ausnahme des Zahnarztes, soll die Impfung
durchführen können. Wer gegen die Pflicht zum Nachweis einer Masernimpfung verstößt, dem droht ein Bußgeld. Im Gesundheitsausschuss gab es zum Gesetzentwurf ausführliche öffentliche Anhörungen von Sachverständigen. Das Gesetz soll am 1. März 2020 in Kraft treten.

Weitere gesetzliche Änderungen

In den Beratungen zum Gesetzentwurf hat sich die SPD-Fraktion mit der Union auf einige fachliche undfachfremde Änderungsanträge verständigt: Die Bundesländer sollen beispielsweise bestimmen können, dass nicht die Kita-Leitung die Nachweispflicht kontrollieren muss, sondern diese Aufgabe von einer staatlichen Stelle, zum Beispiel das Gesundheitsamt, wahrgenommen wird. Damit entlastet die Koalition Kita-Leiterinnen und -leiter in dieser unter Umständen sehr schwierigen Situation vor Ort. Außerdem kann die jeweils zuständige oberste Landesbehörde allgemeine Ausnahmen von der Nachweispflicht zulassen, wenn das Paul-Ehrlich-Institut einen Lieferengpass bei den Masernimpfstoffen bekannt gemacht hat.

Fachfremd regelt die Koalition mit dem Gesetz die Kostenübernahme für Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung bei Misshandlungen und sexualisierter Gewalt (zum Beispiel mittels K.O.-Tropfen) durch die Gesetzliche Krankenversicherung. Das schützt vor allem Frauen, die Furcht haben, eine Strafanzeige zu stellen. Dazu müssen auf Länderebene Verträge zwischen den Ländern, den Krankenkassen und
ärztlichen Einrichtungen geschlossen werden.

Außerdem wird es zukünftig regionale Modellvorhaben für Grippeschutzimpfungen in Apotheken geben. Ärztinnen und Ärzte erhalten zudem die Möglichkeit, chronisch kranken Patientinnen und Patienten bei stabilem Gesundheitszustand und gleichbleibender Medikation ein Wiederholungsrezept auszustellen (beschränkt auf dreimal pro Jahr). Und es wird die Werbung für operative plastisch-chirurgische Eingriffe bei Minderjährigen verboten.